Samstag, 10. Dezember 2011

Die Sehnsüchte, die ich schon beim letzten Lauf verspürte, haben sich in den vergangenen Tagen wieder sehr bemerkbar gemacht. Zwei Wochen lang habe ich pausiert. Meine Baustelle hatte Vorrang, und da mein Resturlaub (bis auf einen Tag) für dieses Jahr gestrichen ist, musste ich die nötige Zeit irgendwie anders aufbringen und habe abends nach der Arbeit noch ein bisschen gewerkelt. Nun sind die gröbsten Arbeiten geschafft und mit den Feinheiten klappt es auch noch, nach und nach.

Ich möchte wieder regelmäßig laufen und starte 7.43 Uhr in einen kühlen, etwas wolkenverhangenen Morgen. Auch heute begleitet mich Musik: „Aura“ von Kool Savas, aber ich brauche dazu keine Gerätschaften, weil ich das Stück ohnehin im Kopf habe. Nie würde ich mit Ohrhörern durch die Gegend joggen: erstens möchte ich unnötige Reize vermeiden und zweitens bekomme ich gern mit, was um mich herum passiert.

Es zieht mich Richtung Stadtzentrum und so laufe ich direkt zur Elbe hinunter, zur Molenbrücke und von dort aus weiter. Wasser, Licht, die Ufer, die Wolken… es tut gut, draußen zu sein. Mal sehen, ob ich unterwegs munter werde. Gestern Abend hatte ich tatsächlich ein paar Minuten mehr, so dass ich nicht von der Arbeit aus zum Rückenkurs hetzen musste, sondern mein Rad ein Stück am Weihnachtsmarkt entlang schieben konnte. Das war ein schöner Wochenendauftakt. Im Kurs war es auch besser als sonst: eine neue Übungsleiterin, die ganz gewiss über Yoga-Kenntnisse verfügt und die Stunde auf eine Art und Weise gestaltet hat, die mir – und auch anderen – gut gefiel.

Ein Lauf am Weihnachtsmarkt entlang – das ist doch mal was! Ich sehe die Marienbrücke vor mir und spüre deutlich, wie die Kräfte nachlassen. Es wird Zeit, dass die Wochenenden wieder ruhiger werden. Ich beschließe, bis zur Hauptstraße zu laufen, am Weihnachtsmarkt entlang und dann zur Straßenbahn zurückzukehren. Von der Elbe zur Straße hinauf, über die Ampel, und da ist er schon: ein bisschen wie ein Rummelplatz in aller Frühe, Riesenrad, Karussell, verschlossene Würstchen- und Glühweinbuden. Abends ist es hübscher hier. Ich laufe Richtung Albertplatz, an einer großen Pyramide und einer mit Kerzen bestückten Tanne vorbei. Dann kehre ich um und laufe wie geplant zurück. Ein Mann in orangefarbener Kombi kehrt Schmutz und Müll vom Bürgersteig. Das lässt mich erneut an ein Musikstück denken, ein Stück Ostrock, den „Straßenkehrer“ von Chaiselongue mit markantem Rhythmus und philosophischem Text. Allmählich werden die Beine schwer. Leute stehen an der Haltestelle, da müsste doch bald eine Bahn kommen. Die Anzeige belehrt mich eines Besseren: 25 Minuten noch! So lange kann ich nicht hier herumstehen, und mir bleibt nur eine Möglichkeit: heimwärts laufen, notfalls mit Gehpausen. Als ich wieder an der Elbe bin, steigt die Sonne über die Häuser. Erst einmal zur Marienbrücke, langsam, ruhig. So gut wie auf dem Hinweg komme ich nicht mehr voran, es zieht sich. Viele Läufer sind unterwegs, und obwohl ich langsam bin, fühle ich mich wieder in meinem Element. Irgendwann lasse ich die Brücke hinter mir, laufe so entspannt wie möglich in ganz mäßigem Tempo weiter. Ich könnte jederzeit abbrechen und zur Bahn hinauf gehen, aber nun zieht es mich nach Hause, und die zuverlässigste Art, dorthin zu kommen, ist nun einmal zu Fuß, wenn ich das Rad nicht dabei habe. Das Elbtal erstrahlt golden in der Morgensonne; dieser Anblick ist der Lohn für die Anstrengung, und es geht gleich wieder leichter voran. Die Innenstadt schimmert in lichtem Dunst – ein Motiv für ein Ölbild. Und nun ganz langsam die Molenbrücke hinauf. Da wird die Luft ziemlich knapp, aber schließlich bin ich oben und dann geht es auch schon wieder leicht abwärts zur Leipziger Straße. Nach einigen Metern wird mir klar, dass ich es bis nach Hause schaffen werde. 9 Kilometer … fühlen sich mitunter wie 15 an.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen