Während der vergangenen Woche habe ich nur im Fitnessstudio
trainiert. Das Laufband ist nicht nur eine Notlösung, wenn das Wetter nicht
mitspielt. Es eröffnet auch viele Möglichkeiten: Man kann eine kürzere Strecke
etwas zügiger laufen als sonst – Dank der Anzeige hat man eine gute
Kontrollmöglichkeit – oder man macht ein Fahrtspiel oder stellt die Neigung etwas
steiler ein und simuliert ein Hügeltraining. Das alles habe ich in zwei
kürzeren Einheiten untergebracht. Ich wollte auch sichergehen, dass ich mich
von dem schönen Wetter nicht gleich wieder zu einem richtig langen Lauf
verleiten lasse. Der Körper liebt Abwechslung beim Training und die wollte ich
ihm geben. Ein neues Krafttrainings-Programm habe ich auch bekommen. Und
gestern hatte ich noch Lust zu einem kleinen Zusatztraining, das auf Crosstrainer
und Fahrradergometer stattfand.
Mein Sonnabend-Lauf beginnt kurz vor sechs Uhr. Es ist noch
dunkel draußen. Ich bin schon lange wach, habe vorsorglich ein großes Glas
Wasser getrunken und auch eine Kleinigkeit – einen Nusskeks – gegessen. Als ich
mit dem Laufen anfing, musste ich zuvor noch frühstücken. Als ich das nicht
mehr so gut vertragen habe, ging ich dazu über, immer weiter auch ohne ein
erstes Frühstück zu laufen. Man gewöhnt sich mit der Zeit gut daran. Auch bei
meinem 15-Kilometer-Lauf am vergangenen Sonnabend habe ich vorher nicht
gefrühstückt und habe das kein bisschen vermisst. Wie das am besten klappt,
muss jeder Läufer für sich herausfinden. Ich frühstücke am liebsten nach dem
Laufen.
Manchmal mag ich die Dunkelheit – heute ist das nicht der
Fall. Ich entscheide mich gegen die Jacke und für mein neues Langarmshirt, das
sehr weich und bequem ist. Die Warnweste mag ich heute nicht überziehen. Es ist
doch ziemlich warm und sie würde mich nur stören. Das Shirt ist orange, aber
ich bin mir nicht sicher, ob ich ausreichend gesehen werde, und laufe lieber
unter Straßenlaternen entlang. Auch an beleuchteten Straßen kann man rund ums
Feld laufen. Da es ungewöhnlich mild ist und ich von Anfang an ruhig und
langsam laufe, kehre ich noch einmal nach Hause zurück und hole mir das zweite
Trinkfläschchen. Man kann ja nie wissen… Und dann geht es weiter Richtung Stadtzentrum.
Nicht an der Elbe entlang, denn dort ist es stockfinster. An der Leipziger
Straße entlang – das liebe ich ja gar nicht so, aber der Elberadweg ist mir zu
gefährlich. Nicht jeder Radfahrer fährt mit Licht… Als ich mich an der Eisenbahnbrücke
Richtung Elbe wende, ist es immer noch dunkel. Ein wenig scheint auch der Mond
durch die Wolken, aber heute kann er sich nicht durchsetzen. Dennoch – über die
großen Kreuzungen laufe ich nicht, dann doch lieber neben dem Elberadweg im
Gras. Ab und an kommt ein Radfahrer vorbei. Besonders komfortabel ist das
Laufen im Gras nicht, aber es sorgt für Abwechslung und die Beine werden
geschont. Wann wird es endlich hell? Ich laufe immer weiter, unter
Augustusbrücke, Carolabrücke und Albertbrücke hindurch. Nun ist die beleuchtete
Waldschlösschenbrücke zu sehen. Dort geht es hinüber. Nun beginnt es zu
dämmern. 11 Kilometer bin ich gelaufen und nach einer kurzen Trinkpause
überquere ich die Brücke. Ich bemühe mich, weiterhin ruhig und locker zu laufen. So
energiegeladen wie am vergangenen Samstag bin ich nicht, aber das hat auch
Vorteile: ich laufe durchweg langsam und kraftsparend. Je langsamer man läuft,
desto weiter kommt man - meistens jedenfalls. Während ich zurück ins Stadtzentrum
laufe, wird es allmählich heller. Kurz vor der Albertbrücke laufe ich wieder
hinunter zum Elberadweg. Hier auf dem Flohmarkt ist schon emsiger Betrieb. Ich laufe
so entspannt wie möglich weiter. An einer Baustelle unterhalb der Carolabrücke
rufen mir die Arbeiter Komplimente zu und ich winke ihnen. Blöde Bemerkungen
habe ich bisher kaum erlebt, nur einmal hat ein Radfahrer geschimpft, weil ich
ihn angeblich mit meiner Stirnlampe geblendet habe. Meine Stirnlampe ist klein,
geradezu minimalistisch… allen kann man es nicht recht machen. Nun geht es
schon hinauf zur Augustusbrücke. Die 15-Kilometer-Marke ist gleich erreicht.
Ich habe schon beschlossen, heute weiterzulaufen. Bisher habe ich mir die
Kräfte gut einteilen können, da geht noch ein Stück – idealerweise schaffe ich
es bis nach Hause. Zurück auf dem Elberadweg, geht es allmählich heimwärts. Vor
mir liegen die Marienbrücke und die Eisenbahnbrücke – und dann kann ich schon
die Radebeuler Weinberge sehen. Ruhig atmen und locker und langsam
weiterlaufen, darauf konzentriere ich mich. Es kommt ja noch eine Brücke: die
Molenbrücke. Als ich sie überquert habe, ist Kilometer 18 erreicht. Nun bin ich
schon sehr zufrieden. Und bis nach Hause komme ich auch noch. Ein Halbmarathon
wird es heute nicht, aber am Hoftor angekommen, sind es 19,47 Kilometer und das
ist mehr, als ich mir vorgenommen habe.