Freitag, 31. Dezember 2010

31.12.10

Nach dem Eisregen heute Morgen bin ich etwas skeptisch, was das Laufen angeht. Gegen Mittag steigt das Thermometer über Null: Tauwetter – und ich möchte es probieren.
Gestern Abend habe ich geschlemmt: Salat mit Hähnchenbrust, dazu reichlich Malzbier, wahre Energiespender für Sportler. Und heute drängt es mich, die Energie auch einzusetzen.

Sehr vorsichtig geht es 11.42 los. Unter den Schuhen knirscht es verdächtig. Ich frage mich, ob ich völlig plemplem bin, aber währenddessen laufe ich weiter. Da kommt mir jemand rasant mit dem Mountainbike entgegen – und ich habe mich für verrückt gehalten.

Ich bleibe auf geräumten und gestreuten Wegen, dort läuft es sich gut. Wenn ich Nebenstraßen überquere, bin ich vorsichtig, und jeder Untergrund wird erst einmal ausprobiert. Es geht an der Sternstraße entlang zur Washingtonstraße. Die Ampel, die ich überqueren möchte, schaltet auf Rot und ich wende mich nach rechts Richtung Elbepark. Dort muss ich aber hinüber und warte einen Moment. Die großen Straßen sind frei.

Ich laufe unter der Autobahn hindurch nach Kaditz. Natürlich bin ich heute auch ein wenig ängstlich, fürchte mich davor, dass mir irgendjemand einen Böller hinterherschmeißen könnte – die Dinger erschrecken mich immer sehr – aber ich meine, man sollte seinen Ängsten nicht zu viel Raum geben. Ein gewisses Maß an Vorsicht ist sicher richtig, aber wenn einen die Angst von schönen Erlebnissen abhält, sollte man sich ab und an einen Ruck geben. Bin ich unterwegs, denke ich ohnehin nicht mehr daran.

Der Wind kommt kalt von vorn und es regnet wieder. Als ich auf dem Elberadweg entlang nach Serkowitz laufe, wird es zeitweise unangenehm, weil die Brillengläser voller Wassertropfen sind und ich darüber hinweg sehen muss, um den Weg zu erkennen, der auf Grund von Verwehungen etwas tückisch ist. Ein Spaziergänger kommt mir entgegen und kurz vor Serkowitz ein Mann, der einen Hund ausführt. Da wird mir etwas mulmig, denn der Hund ist kräftig und sehr agil. Er kommt mir entgegen, schwanzwedelnd, was mich etwas beruhigt, und dann sehe ich, dass es ein Labrador ist. Diese Rasse mag ich – einen Labrador, der Verwandten gehört, habe ich sehr ins Herz geschlossen und bin sicher, das beruht auf Gegenseitigkeit.

Da ist Serkowitz, und ich möchte gern noch ein Stückchen laufen, am liebsten bis zur Stadtgrenze. Es geht in den Ort rein, einen Hügel hinauf – und dort zögere ich, denn bergab sieht es nach Schlitterbahn aus. Ich gebe dem unguten Gefühl nach und kehre um. Nun habe ich den Wind im Rücken und es läuft sich angenehm. Kurz vor Kaditz kommen mir zwei jugendliche Skiläufer entgegen. Ein paar Meter hinter mir werfen sie einen Böller aufs Feld. Sie verhalten sich rücksichtsvoll, aber ich denke mir, dass es nun Zeit ist, nach Hause zu laufen.

In Kaditz fährt die Straßenbahn, aber ich möchte sie nicht nehmen: bis nach Hause kann ich noch laufen. Ich bin schneller als zu Beginn, denn der Untergrund fühlt sich nun besser an. Am Elbepark schaffe ich es bei Grün über die Ampel. An der nächsten Kreuzung wieder Grün – das passt mir gut, und ich laufe weiter geradeaus, statt einen Umweg über das Feld zu nehmen. Für heute reicht es, und es geht über Nebenstraßen nach Hause. Noch ist es überall relativ ruhig. 12.55 Uhr bin ich wieder am Hoftor und kann nun mit gutem Gewissen das alte Jahr hinter mir lassen.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

29.12.10

Gestern habe ich nach der Arbeit trainiert, damit ich nicht heute im Urlaub Richtung Firma muss.
Auf dem Laufband hatte ich ein gutes Stück Steigung eingestellt und das merke ich heute in den Beinen. Aber dennoch möchte ich los: sonniges Winterwetter lockt nach draußen.

Weit wird es heute nicht, ist so mein Gefühl, aber ein bisschen Winterwald möchte ich gern um mich haben.
Ich starte 12.56 Uhr Richtung Radebeul/Junge Heide. Das ist nicht die Dresdner Heide, sondern ein Stückchen Wald zwischen Radebeul und Boxdorf – für mich gut und relativ schnell zu erreichen. Es geht die Geblerstraße bergan und dann unter der Autobahn hindurch in den Wald. Alles ist tief verschneit, auf den Zweigen liegt die weiße Pracht und darüber ist strahlend blauer Himmel – so liebe selbst ich den Winter. Die größeren Wege sind relativ frei und gut zu begehen. Spaziergänger sind unterwegs und einige Skiläufer. Außer mir will hier offenbar niemand joggen.

Die Sonne blitzt zwischen den Bäumen hervor. Hier im Wald kann sie nicht blenden; auch deswegen habe ich mich für diese Strecke entschieden. Eine Sportbrille ist bereits bestellt, aber noch habe ich sie nicht.
Ein paar Mal muss ich langsamer werden und Skiläufer vorbeilassen, ein andermal muss ich Spaziergänger überholen und in den tiefen Schnee, aber das macht mir keine Sorgen, denn ich bin gut ausgerüstet. Heute Morgen hatten wir 11 Grad unter Null, jetzt sind es nur noch 7 Grad.

Wie meist beim Laufen, ist die anfängliche Trägheitsphase überwunden, ich bin begeistert von der Schönheit des Winterwaldes und möchte gar nicht aufhören. Deshalb geht es weiter geradeaus; ich will doch mal sehen, wo dieser Weg hinführt. Als er dann nach links Richtung Radebeul abbiegt, entschließe ich mich, rechts herum zu laufen – auch dieser Weg sieht gut aus. Er wird bald etwas schmaler und geht leicht bergan, aber ich kann ohne Probleme weiterlaufen. Ich begegne niemandem mehr, und der Wald wird immer schöner: die schneebedeckten Äste biegen sich über dem Weg und bilden eine Art Korridor, die Sonne scheint, und ringsum ist alles still und weiß.

Ich bin eine ganze Weile auf diesem Weg unterwegs. Es geht weiter bergan – das Training setzt sich sozusagen fort – und weiter vorn sieht es aus, als ob der Wald endet. Falls ich mich dort nicht auskenne und keine Möglichkeit sehe, nach Hause zu kommen, laufe ich zurück. Aber angekommen, weiß ich, wo ich bin: unterhalb des Boxdorfer Berges an der Baumwiese. So ungefähr hatte ich es mir gewünscht. Ich folge nun ein paar Skispuren und gelange zur Moritzburger Landstraße, aus der in Boxdorf die Dresdner Straße wird. Landwärts führt sie direkt zum Schloss Moritzburg. Ich muss sehen, dass ich einen Fußweg finde, denn von der Straße trennt mich die Leitplanke. Die Skispuren führen mich bis zu einer Haltestelle, wo ich die Straße überqueren kann. Dort drüben ist zwar noch kein Fußweg, aber neben der Straße ist etwas Platz, wo man laufen kann, wenn kein hoher Schnee liegt. Mir bleibt nichts weiter übrig, als teils auf der Straße, teils am Straßenrand über eine schmale Matschkante zu laufen. Die Straße ist ziemlich befahren und Spaß macht das nicht. Der Verkehr nimmt zu und ich weiche in den Schnee aus. Der ist allerdings knietief und ich bin froh, als ich am Fußweg ankomme, der bis zum Heidefriedhof führt und gut geräumt ist. Dort muss ich die Straße überqueren und ein Weilchen auf der Verkehrsinsel ausharren.

Wegen dieser Zwangspause, denke ich mir, ist das doch ein geruhsamer Lauf. Es geht weiter Richtung Dresden, aber ich möchte nicht so lange an Straßen entlang laufen und entscheide mich, einen schmalen Weg durch die Junge Heide zu nehmen, den wir von Spaziergängen her kennen. Er sieht nicht besonders gut, aber auch nicht unpassierbar aus: das wird schon gehen. Es geht ziemlich mühsam über tiefe Spuren, die unter dem Schnee vereist sind. Pferdespuren! Die sinken tiefer ein als unsereiner. Das ist kein Laufen mehr, eher ein Stolpern durch Schnee und Eis. Wenn ich hier ausrutsche, falle ich wenigstens weich. Irgendwo müssen auch Wege abzweigen, und nach einer Weile sehe ich einen: er führt direkt neben der Autobahn entlang. Nicht gerade idyllisch, aber er ist etwas besser als der vorige. Langsam geht es voran und irgendwann sehe ich weiter vorn Skiläufer, die den Weg kreuzen. Dort ist der Ausgang aus der Heide durch die Autobahnunterführung.

Als ich die Heide verlasse, wird das Laufen anstrengend, aber langsam und locker klappt das sicher bis nach Hause. Unterwegs an der Leipziger Straße, staune ich wieder einmal, wie sehr das Laufen erfrischt. Den ganzen Vormittag lang war ich müde, aber das ist nun vorbei. Der einzige Nachteil an so einer erlebnisreichen Strecke sind die Straßenüberquerungen. 14.13 Uhr bin ich wieder zuhause. Nach Abzug von etwa fünf Minuten Wartezeit ist das doch zufriedenstellend.

Sonntag, 26. Dezember 2010

26.12.10

Vor Weihnachten war der Schnee weggetaut, und nun liegt er so ziemlich in der gleichen Höhe wie vorher. Es soll weiter schneien, und dabei steht mir der Winter jetzt schon bis sonstwohin. Winterfrust, Wetterfrust, Familienkoller – aber ein schöner Spaziergang nach Kaditz um die Mittagszeit herum. Dennoch fehlt mir etwas, und deshalb ziehe ich mich um, kaum dass wir zuhause angekommen sind.

Wenn ich nichts unternehme, werde ich verdrießlich, und da ist es besser, gleich zu starten, statt dem Schweinehund Gelegenheit zu geben, größer und größer zu werden. 13.22 Uhr geht es los. Da wir schon in meiner Laufgegend unterwegs waren, wende ich mich in eine andere Richtung, laufe die Leipziger Straße entlang, unter dem Bahndamm hindurch und immer an der Hauptverkehrsstraße entlang nach Radebeul. Der Fußweg ist ordentlich geräumt und es läuft sich gut. Ich finde das Joggen weniger anstrengend als das Spazierengehen, vermutlich, weil ich nicht in dicken, schweren Winterklamotten und hohen Schuhen unterwegs bin. Drei dünne Schichten Funktionskleidung wärmen genauso, sind leichter und schränken die Bewegungen nicht ein. Was die Laufschuhe angeht, musste ich wieder versichern: nein, damit friert man nicht, es sind gefütterte, wetterfeste Turnschuhe „für draußen“.

Aber auch die gleichmäßige Belastung und die intensive Atmung sorgen für mehr Wohlbefinden. Und tatsächlich kommt die Sonne ein Stück aus dunklen Wolken hervor. Das beste Mittel, den Winter zu überstehen, ist die Freude auf bessere Jahreszeiten. Die Sommerferien sind schon geplant – ich hoffe, wir werden auch schönes Wetter haben.

Besonders fehlen mir derzeit die Fahrradtouren. Das Laufen ist immer ein wenig kurz, und für Skilanglauf war nicht genügend Zeit. Nun ist Weihnachten überstanden, aber wer weiß, was der Winter noch bereithält.

Von Dresden-Nord aus läuft man nach Radebeul etwa ebenso lange wie ins Dresdner Stadtzentrum. Ich nehme mir vor, Radebeul-Ost zu erreichen, und nach einigem Überlegen fällt mir ein, dass es ein Stück weiter entfernt ist als Serkowitz. Nun kenne ich den Elberadweg schon gar nicht mehr richtig.

Ich laufe bis zur Hauptstraße, der Einkaufsstraße in Radebeul-Ost. Da habe ich keine Lust, den gleichen Weg zurück zu laufen, bleibe also auf der Hauptstraße, laufe dort geradeaus und überquere schließlich die Brücke, die über die Bahngleise führt. Hinter der Brücke wende ich mich nach links, um dort entlang nach Hause zurück zu laufen. Immer mehr Spaziergänger sind unterwegs, und ich möchte nicht ständig irgendwelchen Leuten ausweichen. Jogger sind auch nur Fußgänger, aber da ich schneller unterwegs bin als andere, fühle ich mich mehr zur Rücksichtnahme verpflichtet: keine Omi soll fürchten, von mir umgerannt zu werden.

Es klappt ganz gut auf dieser Strecke, die Begegnungen halten sich in Grenzen. Immer mal wieder blitzt die Sonne zwischen den Häusern hervor. Als ich kurz vor Dresden bin, trübt es sich wieder ein.

Ich laufe die Rankestraße zurück, und als ich sie überqueren möchte, lässt mich freundlicherweise ein Autofahrer vorbei. Dann geht es an der Leipziger Straße zurück und weiter bis nach Hause. Eine Stunde genau war ich unterwegs.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

23.12.10

Diese Weihnachtszeit ist anders als sonst, und ich habe mich entschlossen, alles zu vereinfachen. Ich mag nicht nach einer Extremwoche noch eine Spätschicht in der Küche einlegen, das geht einfach nicht mehr. Stattdessen laufe ich lieber. Zuvor wollte ich einem Baguette von „Nordsee“ nicht widerstehen, das musste einfach sein nach diesem Sch…tag.

18.35 Uhr geht es am Hoftor los, langsam und vorsichtig, denn es ist stellenweise glatt. Ich muss einfach nach draußen, muss mich, wie es so heißt, freilaufen. Und dass ich aufpassen muss, wohin ich trete, ist gar nicht so schlecht: Konzentration ist die beste Ablenkung vom Arbeitstag.

Ich laufe die Sternstraße entlang zur Washingtonstraße, dann weiter Richtung Flügelwegbrücke. Locker und zugleich aufmerksam drehe ich meine Runde; es beruhigt und befreit. Unter normalen Umständen mache ich meine Arbeit sehr gern, aber tagelang allein zwei Büros über Wasser halten ist nicht normal, sondern geht an die Substanz.

Umso wohltuender ist es, nach getaner Arbeit an der frischen Luft zu sein. Ich habe Lust, über die Flügelwegbrücke zu laufen, aber als ich dort ankomme, schaltet die Ampel auf Rot, und ich mag nicht warten; kehre wieder um und laufe zurück. Nach einer Weile wende ich mich nach rechts Richtung Übigau; diese Straße ist breit und die Fußwege könnten, meine ich, gut geräumt sein. Dies ist aber bald nicht mehr der Fall; ich wechsle mehrmals die Seite und laufe zeitweise auf der Straße, was aber auch kompliziert ist, weil immer wieder Autos kommen.

Dann wird der Weg wieder besser. Ich laufe langsam an der Sternstraße zurück; dort muss man stellenweise sehr aufpassen. Meine Laufschuhe sind inzwischen meine Lieblings-Allwetterschuhe geworden, die ich auch im Alltag trage, aber wo es sehr glatt ist, können sie keine Wunder vollbringen. Nach Hause zurück mag ich noch nicht, das Laufen tut gut, und deshalb wende ich mich Richtung Elbe. Die meisten Fußwege sind frei und ich komme gut bis zur Molenbrücke, die wieder einmal Wendepunkt ist. Zurück geht es auf der gleichen Strecke über gut geräumte Fußwege. An der Elbe ist es neblig geworden. Die Fenster sind weihnachtlich geschmückt, aber so richtig in Stimmung bin ich nicht. Das kann morgen noch werden, da muss ich nicht arbeiten. Am Hoftor zeigt mir die Uhr eine Stunde Laufzeit an.

Wären meine Kinder noch klein, würde ich ihnen erzählen, dass ich Schlittenspuren gesehen habe und der Weihnachtsmann vielleicht schon unterwegs ist. Aber sie sind groß und werden damit klarkommen, dass ein paar Traditionen dieses Jahr entfallen. Veränderungen gehören zum Erwachsenwerden.

Das neue Leuchthaus steht selbstverständlich seit dem ersten Advent im Weihnachtsdorf.

Sonntag, 19. Dezember 2010

19.12.10

Nach zweieinhalb Stunden im Schwimmbad bin ich ganz gut ins Wochenende gekommen, aber gestern hatte ich leichten Muskelkater vom Training und war außerdem erschöpft. Heute bin ich etwas erholt, aber nicht wirklich fit. Dennoch möchte ich einen Lauf probieren: mal sehen, wie das geht. Hier zuhause ist Ruhe eingekehrt, alle sind mit ihren Dingen beschäftigt. Ich packe mich noch wärmer ein als sonst, denn der Frost draußen schreckt mich ein wenig ab. Vermutlich wird mir bald zu warm werden, aber egal.

Mich zieht es hinunter zur Elbe. Während der ersten Meter fühle ich mich ganz schlapp und denke mir: weit komme ich heute nicht. Aber ein Weilchen möchte ich schon unterwegs sein und habe mir für den Fall der Fälle eine Fahrkarte eingesteckt. Durch die im Schnee versunkene Baustelle hindurch, laufe ich die Böcklinstraße entlang bis nach Altmickten. Der Pfad an der Elbe entlang lockt mich sehr, aber dort sind Leute mit Schlitten und kleinen Kindern unterwegs, an denen ich nicht vorbeikomme, ohne einen Sturz ins Wasser zu riskieren, also geht das nicht. Ich wende mich nach rechts Richtung Übigau. Dort spüre ich, dass ich nicht richtig durchatmen kann, irgendetwas schnürt mir den Brustkorb zu. Nur die Ruhe, denke ich mir, halte ein langsames, gleichmäßiges Tempo und atme so tief wie möglich. Es ist ein sehr schöner Wintertag, ein wenig bedeckt, und ein paar winzige Schneeflocken sinken von Himmel herab. Neben mir ein alter, schmiedeeiserner, weiß verzuckerter Zaun; die trockenen Ranken einer Kletterpflanze sind voller glitzernder Eiszapfen. Solche Details habe ich in letzter Zeit vermisst; der Stress hat mich überreizt und benommen gemacht. Aber wie schön ist es, wieder Kleinigkeiten zu entdecken! Als ich Richtung Flügelwegbrücke laufe, könnte ich vor Müdigkeit die Augen schließen. Aber die Sonne scheint behutsam aus den Wolken, als wollte sie tageslichtblinde Büromaulwürfe nicht überfordern, und ein solches Geschenk sollte man annehmen. Ich überquere in einem günstigen Moment die Washingtonstraße und steuere einen Weg an, den ich schon lange einmal laufen wollte. Wir sind von hier aus öfter Richtung Kaditz spazieren gegangen. Nach Kaditz möchte ich heute nicht, aber ein Stück an den Elbwiesen entlang wäre schön. Zur Elbe hinunter wird es mühselig, ich muss ein Stück auf der Straße entlang laufen, denn dort, wo einmal Fußwege waren, türmt sich Schneematsch. Bisher klappt es doch ganz gut, und mir fällt ein, wie Bewegung im Freien schon so oft auf mich gewirkt hat: kräftigend und geradezu heilsam. Und ich spüre, wie die Energie wächst. Ich laufe Richtung Elbe hinunter, merke aber bald, dass ich mich in einem eingezäunten Werksgelände befinde und muss wieder zurück. Im Schnee sieht alles ein wenig anders aus; der Weg daneben ist der richtige. Bald bin ich an einem Deich über den Elbwiesen angelangt. Ich möchte ein Stück bis zur Flügelwegbrücke laufen, aber vor mir liegt nur ein schmaler Pfad aus Fußspuren in tiefem Schnee. Da will ich entlang, und da ich die Brücke schon sehen kann, wird das schon. Ein Stück hinter mir führt die Autobahnbrücke über den Fluss. Ich befinde mich zwischen Übigau und Kaditz und wie es aussieht, bin ich völlig allein und ungestört. Man muss hier ein wenig die Beine heben, aber das geht recht gut. Die Gamaschen bewähren sich wieder einmal; nasse Hosenbeine wären bei einem längeren Lauf sehr unangenehm.

Um mich herum tiefer, unberührter Schnee, daneben die Elbe und darüber sanftes Sonnenlicht: nun fühle ich mich beruhigt und ganz frei. Da bin ich wieder – nach einer Woche, in der ich unter Unmengen von Arbeit verschüttet wurde. Im Nu bin ich an der Flügelwegbrücke und möchte noch nicht wieder hinauf, sondern ein Stück weiter. Über Trampelpfade geht es mal hier, mal dort entlang, allmählich bewege ich mich Richtung Übigau, komme der Elbe sehr nahe – dort habe ich beim letzten Mal Enten aufgescheucht, aber heute sind keine da. Gern würde ich weiter geradeaus laufen, weiß aber nicht, ob nicht Familien mit Kindern mir den schmalen Pfad versperren. Also geht es wieder zurück. Was ist schon Zeit – sie bedeutet hier draußen nichts mehr, und den Blick zur Uhr will ich mir sparen. Ich bin auch nicht zu warm angezogen: heute tut es gut, mit Sicherheit nicht zu frösteln. An trüben Tagen wirkt diese Landschaft sehr melancholisch, aber nun, da der Schnee sie bedeckt, ist sie verändert; klar, weit und licht. Nach einigen Metern bin ich wieder an der Flügelwegbrücke, laufe durch den Schnee bergauf, was besser geht, als ich dachte. Oben auf geräumten Fußwegen läuft es sich anders, und ich drücke mich stärker vom Boden ab. Die Spannkraft hat sich in den vergangenen Wochen spürbar verbessert. Es kann sein, dass ich zu Beginn des neuen Trainingsplanes das Laufen etwas einschränken muss: man soll die Muskulatur nicht überfordern. Aber langfristig werde ich stärker sein; das wird sich beim Radfahren, aber auch beim Laufen bemerkbar machen.

Ich laufe an der Washingtonstraße entlang bis zum Elbepark, dort weiter geradeaus und dann rechts herum, immer da, wo geräumt ist. So geht es bis zur Sternstraße und an dieser entlang bis fast nach Hause. Die letzten Meter fallen mir nicht mehr so leicht, aber ein Lauf ist, so wunderbar er zeitweise sein kann, eben kein Spaziergang. Eine Stunde und fünfzehn Minuten – ein schöner Ausdauerlauf, und mit einer solchen Zeitdauer habe ich keinesfalls gerechnet.

Donnerstag, 16. Dezember 2010

16.12.10: neuer Trainingsplan

Ich wollte den Trainingsplan aus einem bestimmten Grund noch 2010 haben. Als das Fitnessstudio vor reichlich drei Jahren eröffnet hat, habe ich – wie viele Kollegen – einen Fitnesstest gemacht und danach den ersten Trainingsplan bekommen. Und an diesem habe ich mich sage und schreibe drei Jahre lang aufgehalten. Er war abgearbeitet, aber dann kam die Vorweihnachtszeit, der Jahreswechsel stand bevor, und ich habe den Termin beim Trainer immer vor mir hergeschoben. Aus „in diesem Jahr wird das nichts mehr“ wurde „ich komme derzeit nicht dazu“ und schließlich „ich komme sowieso nicht regelmäßig dazu, also brauche ich keinen neuen Trainingsplan“. Um zu verhindern, dass so etwas wieder passiert, musste ich mich gewissermaßen festnageln. Der heutige Tag war eine der letzten Gelegenheiten; ich hatte also Termin beim Trainer. Das ist immer etwas zeitaufwändig: man bekommt die neuen Übungen gezeigt und erklärt und führt sie dann unter Beobachtung aus, was auch wichtig ist, damit sich Fehler und Fehlhaltungen gar nicht erst einschleichen. Das Programm ist gut, aber – logischerweise – ein Level höher als bisher und zum ersten Mal habe ich eine Übung nicht in der festgelegten Intensität geschafft. Es ist das Ziel, wurde mir gesagt. Nun gut. Vor allem ist es Krafttraining für den Rücken – meine Schwachstelle -, das aber in rückenschonender Haltung durchgeführt wird. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Dazu kommt Bauchmuskeltraining, das ebenfalls den Rücken unterstützen soll, ein bisschen was für die Armkraft, die im Alltag nützlich ist, und nun auch für die Beine – das habe ich mir zusätzlich gewünscht. Alle Übungen habe ich nötig. Im Anschluss an das Krafttraining war ich 45 Minuten auf dem Laufband – durchweg gehend, denn die Übungen waren ziemlich kräftezehrend.

In der nächsten Woche ist Training eher unwahrscheinlich, aber in der übernächsten habe ich zwei Tage Urlaub – meine Vorgesetzten bestehen darauf, dass ich diesen, wenn irgend möglich, nehme :-)), und an einem dieser Tage würde ich gern trainieren.

Für morgen habe ich keinen Sport geplant, den Rückenkurs habe ich abgesagt. Einen Wellnesstag, den ich dringend nötig habe, kriege ich am Wochenende nicht hin, und deswegen möchte ich morgen, wenn es klappt, einen Wellnessabend machen, um für die nächste Woche Energie zu tanken. Und wenn es ein Verkehrschaos gibt, laufe ich eben zum Schwimmbad.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

15.12.10

Das Wintermärchen hat sich zum Chaos ausgeweitet. Heute Morgen konnte ich die Schneemassen nur noch lagenweise aus dem Hof und von der Straße aus in den Vorgarten schaufeln. Immerhin fahren die Straßenbahnen.

Der ganze Tag war chaotisch und beim Weg nach Hause sagte ich mir: Ich lasse es. Aber eine andere Stimme sagte in mir: gerade nach einem solchen Tag sollte ich laufen. Und als ich die Leute mit Schlitten durch den Schnee stapfen sah, bekam ich auch ein wenig Lust. Also schlüpfe ich in die volle Laufmontur einschließlich Gamaschen und laufe 18.03 am Hoftor los.

Es hat keinen Sinn, mir eine bestimmte Strecke vorzunehmen – ich muss einfach sehen, wo ich laufen kann. Richtung Stadt sind die Wege am besten geräumt, aber dort sind mir zu viele Leute mit kleinen Kindern und Schlitten unterwegs. Auf den Fußwegen ist meist nur noch eine schmale Gasse frei. Ich laufe zum Feld und an der Sternstraße entlang. Zeitweise ist dort nur ein Trampelpfad. Wenn mir Leute entgegen kommen, weiche ich in den tiefen Schnee aus. Irgendwann bin ich an der Washingtonstraße, die Ampel hat gerade Grün und ich laufe weiter Richtung Flügelwegbrücke. Es geht leicht bergauf und dort wird es mühselig. Als die Strecke wieder eben wird, geht es relativ gut und ich fühle mich entspannt – der Lauf verfehlt auch dieses Mal seine Wirkung nicht.

An der Flügelwegbrücke drehe ich um und laufe in die gleiche Richtung zurück – ein Bogen durch Übigau ist bei dieser Witterung wohl nicht zu empfehlen. Ich überlege noch, Richtung Elbepark weiterzulaufen, aber die Ampel steht auf Rot und ich möchte dort nicht ewig herumstehen. Außerdem ist das Laufen anstrengender als sonst und mir wird klar, dass es heute eine kleine Runde sein wird – was immer noch besser ist, als gar nicht zu laufen. Es geht also zurück zur Sternstraße und von dort aus nach Hause. In den Nebenstraßen haben Autofahrer ihre Mühe, überhaupt voran und aneinander vorbeizukommen, und auch das Laufen ist mühsam und macht keine Freude mehr. Als ich am Hoftor ankomme, sind 47 Minuten vergangen – heute kann ich wohl Erschwernis geltend machen.

Montag, 13. Dezember 2010

13.12.10

Nach dem furchtbaren Wetter gestern und vorgestern hat es heute wieder geschneit. Ich habe bereits in der Mittagspause beschlossen, mir den Yoga-Kurs zu streichen. Das Wochenende war nicht sehr erholsam; ich brauche frische Luft und die beruhigende Wirkung des Laufens. Und ich möchte hinaus in dieses Wintermärchen, das sich über die Stadt gelegt hat.

Start 17.52 Uhr am Hoftor: ich laufe locker Richtung Feld, wende mich dort nach links Richtung Elbe. Ich möchte sie sehen und so wächst der Wunsch, ein ganzes Stück an ihr entlang zu laufen. Vorbei geht es an weihnachtlich beleuchteten Fenstern. Im feinen Neuschnee läuft es sich sehr gut. Der Himmel ist besonders hell, es ist locker bewölkt und der Mond ist auch zu sehen. Ein kleiner funkelnder Stern steht ihm zur Seite. Ich laufe zur Molenbrücke und überquere sie. Ein paar Meter vor mir ist ebenfalls ein Läufer unterwegs. Die Beleuchtung an der Brücke ist teilweise ausgefallen. Ich schalte meine Stirnlampe ein. Nun bin ich nahe am Wasser, kann sehen, wie sich die Lichter darin spiegeln. Am Ende der Hafenmole gibt es keinerlei Beleuchtung mehr, aber ich habe ja mein Licht dabei. Ich entschließe mich, weiter auf dem Elberadweg Richtung Stadtzentrum zu laufen, das schon gut zu sehen ist. Die Kuppel der Frauenkirche ist sanft erleuchtet, daneben erstrahlen Schloss und Hofkirche. Ich möchte mich überraschen lassen, wie weit ich laufen kann. Es sind sogar ein paar Radfahrer unterwegs. Hier heißt es aufpassen, denn unter dem Neuschnee sind vereiste Fußspuren. Aber das gehört zum Erlebnis dazu: ich bin sehr froh, mich fürs Laufen entschieden zu haben. Yoga entfällt deswegen ja nicht ganz; mir bleibt meine morgendliche Dreiviertelstunde. Und nun, da Weihnachten näher rückt, ist die Zeit gekommen, den Sport etwas zu reduzieren.

Es ist wunderschön an diesem Abend; winzige Schneeflocken glitzern in der Luft, und die Elbe schimmert wie ein breites Silberband. Vor mir liegt der Neustädter Hafen mit dem Herbergsschiff „Koje“. Es ist mit bunten Lichtern geschmückt und sieht sehr weihnachtlich aus. Ich schaue zur Uhr: fast eine halbe Stunde bin ich unterwegs. Da kann ich auch noch bis zur Eisenbahnbrücke laufen. Dort, an der Brücke, mache ich kehrt und laufe wieder zurück. Ich habe keine Fahrkarte dabei: sollte es mir zu viel werden, muss ich eben ein Stück gehen. Aber eigentlich möchte ich durchlaufen. Das geht locker und mit gutem Gefühl, und als ich am Pieschener Hafen ankomme, habe ich noch keine konditionellen Schwierigkeiten. Da bin ich mir sicher, dass ich bis nach Hause laufen kann. Ich genieße die Bewegung im Freien und das gleichmäßige Atmen. Nach einem Lauf ist auch der Schlaf besser und erholsamer. Ich laufe die Molenbrücke hinauf, ohne dass es mir besonders schwer fällt, aber als ich hinunter laufe, wird mir ein wenig kühl und deshalb lege ich an Tempo zu. Das zügige Tempo muss ich bis nach Hause halten, damit ich nicht zu frieren anfange. Aber es ist gut zu schaffen und ich kann ohnehin probieren, zeitweise etwas schneller zu laufen. 58 Minuten Zeitdauer, und es war schon fast der doppelte Arbeitsweg – sieben Kilometer schätzungsweise. Damit kann ich als Anfängerin zufrieden sein.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Aus gegebenem Anlass

Ich laufe heute nicht, sondern faulenze ein bisschen, um zur Ruhe zu kommen. Das schreibe ich ganz bewusst hier hinein, um nicht den Eindruck zu erwecken, ich sei immer, wie man so sagt, auf Posten und ziehe alles wie geplant durch. Ich versuche, durch mein Sportprogramm meiner Woche einen Rahmen zu geben und zu einer besseren körperlichen Form zu gelangen. Letzteres war auch nötig; die Form – und nicht nur die körperliche – war in diesem Jahr viele Monate lang schlecht, daran gibt es nichts zu beschönigen.

Aus der schlechten Form heraus habe ich an dem bereits erwähnten Motivationsseminar an der Volkshochschule teilgenommen. Es war ganz hilfreich, sich unter fachlicher Beratung – die Kursleiterin war Psychologin - ein wenig zu sortieren. Ich habe erzählt, dass Ausdauersport meine Kraftquelle und bei meiner depressiven Veranlagung die beste Medizin ist. Und als ich ein bisschen erzählt hatte, meinte sie, ich solle auf jeden Fall weitermachen, denn Sport sei für mich Therapie.

So deutlich hat mir das noch niemand gesagt, und ich möchte es hier erwähnen, weil ich in letzter Zeit aus Rückmeldungen erfahren habe, dass ich sehr „perfekt“ rüberkomme und Leute verunsichere. Das ist aber ganz gewiss nicht meine Absicht.

Ich tue etwas für meine Form, weil ich es muss – das ist die simple Wahrheit. Was für andere hilfreich sein mag – sich in negative Stimmungen fallen zu lassen, auch mal ausgiebig zu jammern und zu klagen, hilft mir eben nicht, sondern macht alles nur schlimmer.

Ich bin auch nicht die geborene Sportlerin, sondern galt als Kind immer als Sport-Niete. Wenn bei Mannschaftsspielen die Mitspieler gewählt wurden, blieb ich unter den letzten, die niemand haben wollte. Und ich genieße es so, Ehrgeiz und Power zu spüren, weil ich das jahrelang oder eher jahrzehntelang überhaupt nicht kannte.

Vielleicht kennen die Leser dieses Blogs die Geschichte vom Pinguin, erzählt von Eckart von Hirschhausen.

Es liest sich ganz zauberhaft und schlüssig, dass man nur „sein“ Element finden müsse und schon sei alles prima. Die Geschichte übersieht aber etwas ganz Wesentliches: die menschliche Lernfähigkeit. Wäre es so wie beschrieben, säße die Menschheit noch im Neandertal – oder im Buddelkasten.

Das Gefühl, im richtigen Element zu sein, kann wunderbar sein und tatsächlich diesen Flow auslösen, aber es wäre doch schade, wenn für jeden Menschen nur ein einziges Wirkungsfeld in Frage käme.

Man kann sich neue Elemente erschließen – und genau davon möchte ich in diesem Blog berichten.

Samstag, 11. Dezember 2010

11.12.10

Ich habe mich auf eine Runde an der frischen Luft gefreut, aber bei Regen auf Schnee sind Fußwege und Nebenstraßen zu Eisbahnen geworden. Auch mit meinen Superschuhen ist das Schieben des Fahrrades ein Balanceakt und mir wird klar, dass es nichts wird mit einem Lauf ihm Freien. Die einzige Alternative ist das Laufband, umso ungeliebter, da das Fitnessstudio in der Firma ist: wahrlich keine gute Richtung für jemanden, der Abstand zu dienstlichen Dingen gewinnen möchte und sogar muss. Mein Mann muss heute zur Schicht und mir wird klar, dass ich mit meinem Training noch gut dran bin; also mache ich mich auf den Weg.

Von der Straßenbahn aus sehe ich, dass die Elbe über die Ufer getreten ist. Grau, regnerisch und windig ist es, als ich zum Fahrradkeller hinuntergehe. Der Weg ist zum Glück gut gestreut. Neben dem Fahrradkeller befindet sich ein Umkleideraum, wo ich einen Schrank gemietet habe, und hinter dem Fahrradkeller ist das Fitnessstudio, das ebenfalls Umkleideräume hat. Seit ich den Schrank in der Fahrradumkleide habe, ziehe ich mich dort um. Es ist praktisch, Sportkleidung und andere Dinge wie die Yogamatte dort deponieren zu können.

Ich beginne mit 15 Minuten Erwärmung auf dem Crosstrainer und gehe danach aufs Laufband. Außer mir ist niemand im Fitnessstudio, was mir durchaus recht ist. Ohne dass ich es bewusst will, tippen meine Finger 50 Minuten Zeitdauer ein und ich denke mir, warum nicht. Am Donnerstag waren es 10 Minuten Dauerlauf und gegen Ende der Zeit hatte ich schon dieses Flow-Erlebnis, das ich sonst nur von draußen kenne und das Gefühl, noch eine ganze Weile weiterlaufen zu können. Und nun will ich es auch tun und starte gleich mit dem Dauerlauf.

Diesen Flow habe ich früher immer für ein Märchen gehalten. Im Motivationsseminar vor ein paar Wochen hat die Kursleiterin uns Teilnehmer gefragt, ob wir so etwas schon erlebt haben. Da musste ich mir eingestehen, dass es mir noch nie bei der Arbeit, auch nicht beim Schreiben passiert ist, selten beim Malen, aber regelmäßig erlebe ich es nur beim Sport: bei Yoga und bei Ausdauerleistung wie Laufen oder einer längeren Radtour.

Heute beginnt die Phase, in der ich nur noch Atmung und Bewegung bin, nach etwa 15 Minuten. Auf einmal bin ich nicht mehr allein: eine Frau kommt zum Training und ich bin erst einmal aus dem Takt, muss mich gleichzeitig lockern und konzentrieren, ehe ich meinen Rhythmus wieder finde. Aber es gelingt und das ist eine wichtige Erfahrung. Die Frau macht mal dies, mal jenes, und ich laufe einfach vor mich hin. Irgendwann bin ich so darin versunken, dass ich seitlich an der Begrenzung ankomme. Draußen bin ich noch nie gegen Zäune oder Straßenlaternen gelaufen, aber drinnen beim Laufen auf der Stelle ist das kein Wunder. Dann sind 25 Minuten herum und ich fühle mich noch immer so konditioniert wie nach dem Start – eigentlich sogar besser. Mir kommt der Gedanke, dass ich die 50 Minuten durchlaufen könnte, und das beflügelt regelrecht.

30 Minuten und ich bin mir sicher, dass ich es schaffe. Auf dem Laufband habe ich so etwas bisher noch nicht probiert. 40 Minuten und die Beine werden müde, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass ich die letzten zehn Minuten auch noch laufe. Als ich Ende August mit dem Training begonnen habe, hätte ich kaum 5 Minuten durchlaufen können und wäre danach völlig erledigt gewesen. Noch vor einiger Zeit musste ich mich gedanklich regelrecht distanzieren von denjenigen, die 20 Minuten oder länger im Dauerlauf verblieben: an solchen Verrückten, sagte ich mir immer, darf ich mich nicht messen. Und deshalb kommt mir das, was ich gerade tue, fast ein wenig unwirklich vor. 45 Minuten und es wird anstrengend – aber das ist durchaus im normalen Bereich und zu bewältigen. Als 50 Minuten um sind und das Band automatisch herunterschaltet, bin ich zwar ausgearbeitet, aber nicht aus der Puste. Na also! Das Laufband ist eine erlebnisarme und unromantische Alternative, aber immer noch besser, als nichts zu tun.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

09.12.10

Heute war ich auf dem Laufband wie gestern schon. Im Fitnesstudio habe ich mir meinen neuen Trainingsplan bestellt – denn der alte ist abgearbeitet – damit ich noch in diesem Jahr beginnen kann, und praktischerweise gleich das Ausdauertraining absolviert. Viel gibt es nicht darüber zu schreiben: 40 Minuten, davon 20 Minuten zügiges Gehen bei 3 Prozent Steigung wie immer, 10 Minuten bei 5 Prozent Steigung, 10 Minuten Dauerlauf. Mit Letzterem tue ich mich schwer im Fitnessstudio, aber allmählich wird es. Bei dem Schnee- und Graupelsturm draußen war ich dann ganz froh, diese Alternative genutzt zu haben.

Dienstag, 7. Dezember 2010

07.12.10

Am Arbeitsplatz bin ich entlastet worden. Ich hatte mich auf eine weitere Extremwoche eingestellt und genieße nun die kleinen Freuden des Alltags: zum Yoga-Kurs gehen zu können, obwohl ich damit gerechnet hatte, statt dessen im Büro zu sitzen, heute nur ein normales Maß an Überstunden zu machen und relativ pünktlich zum Laufen zu starten.

18.10 Uhr geht es los. Schmuddelwetter, bei dem ich mich einen Moment geziert habe. Im Stadtzentrum waren viele Wege glatt, auch das hat mir nicht gerade Mut gemacht. Aber dann habe ich einen Läufer gesehen und wollte nun auch meine Runde drehen. Heute habe ich mir die Warnweste angezogen, ein Stück aus dem Sportgeschäft, denn in so ein Einheitsgrößen-Exemplar aus dem Baumarkt würde ich mindestens zweimal hineinpassen; dazu trage ich mein rotes Licht zum Umschnallen und meine neue Stirnlampe. Nasskalt ist es und knapp unter Null – unangenehmer als neulich bei strengem Frost. Ich laufe die Sternstraße entlang und biege kurz vor Übigau nach rechts ab, um zur Washingtonstraße zu gelangen. Dort geht es weiter geradeaus Richtung Flügelwegbrücke. Meine Trailrunner haben ein viel besseres Profil als meine Wanderschuhe, die ich derzeit auf dem Arbeitsweg einlaufe – das war wirklich eine gute Anschaffung.

Ich bin nicht in Hochform und werde schon auf dem Weg nach Übigau müde. Dabei lief der Tag gut und ich hatte auch den Eindruck, der Akku ist wieder ganz gut aufgeladen. Ich bin entschlossen, auf jeden Fall eine Standardstrecke zu laufen, denn Regelmäßigkeit ist beim Sport sehr wichtig und auch eine durchschnittliche Leistung hält fit. Allerdings habe ich keine Lust, an der Flügelwegbrücke umzudrehen und die gleiche Strecke zurück zu laufen, deshalb wende ich mich nach links und laufe durch Übigau Richtung Elbe. Inzwischen ist mir angenehm warm und ich komme in Schwung. Vor ein paar Tagen bin ich die gleiche Strecke aus der anderen Richtung gelaufen und hatte heute gar keine Lust auf diesen Weg, weil die Fußwege in Übigau schmal und schlecht geräumt sind. Aber es geht vorbei an geschmückten Häusern und Vorgärten und ich muss, was sehr angenehm ist, über keine Ampel hinweg. Ein paar Mal muss ich die Straßenseite wechseln, durch tiefen Schnee und Matsch hindurch, weil Autofahrer beim Einparken in ihre Garagen die Fußwege blockieren. Freilich müssen sie in ihre Grundstücke hinein, und bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen hilft nur Geduld.

Nun habe ich Freude am Laufen und wende mich nach rechts, wo es hinunter zur Elbe geht. Durch Altmickten ist es etwas beschwerlich, weil Schnee und Schneematsch wirklich überall sind und man nur durch tiefe Fahrspuren laufen kann. Aber ich bin besser dran als die Autofahrer, die nur sehr langsam oder gar nicht vorankommen. Dann geht es an der Elbe entlang, wo ich schon eine ganze Weile nicht mehr gelaufen bin. Hier kann ich die Stirnlampe ausprobieren; sie leuchtet gut den Weg vor mir aus. Vorbei geht es an der Baustelle und weiter Richtung Molenbrücke. Niemand kommt mir in die Quere. An der Molenbrücke drehe ich um und laufe zurück, gelange durch Nebenstraßen zur Sternstraße und von dort aus nach Hause. Lichterglanz in Fenstern und in den Vorgärten; beleuchtete Tannen tragen weiße Schneemützen. 52 Minuten waren es heute – na also, es ging doch.

Samstag, 4. Dezember 2010

04.12.2010

Der Stress am Arbeitsplatz hat sich noch verschärft. Ich war am Mittwochabend beim Training und auf dem Laufband, am Donnerstag bin ich zu nichts außer Dienstlichem gekommen und gestern Abend war ich fix und alle. Seit gestern mag ich nur selten etwas essen, ich bekomme es einfach nicht runter. Nächste Woche muss ich darauf achten, Pausen zu machen, auch wenn ich mir das zeitlich eigentlich nicht erlauben kann und es mir schwer fällt. Das ist eine echte Notsituation, die aber nicht abzusehen war. Ich will nicht völlig aus meinem Sportprogramm herausfallen, habe auch sämtliche Einkäufe heute Vormittag per Fahrrad erledigt, um Licht und frische Luft abzukriegen. Und laufen möchte ich auch – mir bleiben ja noch die Wochenenden zum Trainieren.

Start 12.08 am Hoftor. Nach einer kalten Nacht ist es wunderschön sonnig geworden. Ich habe die neuen Gamaschen angelegt, die sehr robust und praktisch sind. Als es am Donnerstag heftig geschneit hat, habe ich sie beim Schneeschippen getragen und gleich auf dem Weg zur Arbeit anbehalten.

Vor fünf Stunden habe ich gefrühstückt und noch immer keinen Hunger. Ich werde mich nun mit kalorienreichen Getränken und leichten Kleinigkeiten wie Joghurt behelfen – sowas rutscht einfach besser.

Anfangs fühle ich mich schlapp, finde aber schnell meinen Rhythmus, und als ich auf dem Feld unterwegs bin, wird mir klar, dass Laufen das Beste ist, was ich tun kann. Es beruhigt sehr und die tief verschneite Landschaft ringsum ist ein ganz besonderer Anblick. Es zieht mich heute woanders hin; nicht nach links Richtung Übigau, sondern geradeaus. An der großen Ampelkreuzung am Elbepark muss ich warten und laufe etwas auf der Stelle. Dann geht es weiter, unter der Autobahnbrücke hindurch und nach Kaditz, von dort aus weiter nach Altkaditz. Dort beginnt mein Lieblingsabschnitt des Elberadwegs, und weil es so schön draußen ist, laufe ich noch weiter, an schneebedeckten Feldern entlang. Die Radebeuler Weinberge sind in weißen Dunst gehüllt.

Am besten läuft es sich dort, wo geräumt ist, der Schnee aber nicht zu festgefroren ist. Aber auch auf den Trampelpfaden im Schnee kann man ganz gut laufen und ein paar Schritte im tiefen Schnee sind auch kein Problem. Die warme Laufkleidung leistet mir gute Dienste und ist auch anderweitig gut einsetzbar. Ein paar Skiläufer sind unterwegs, wenige Spaziergänger, und eine Läuferin habe ich heute auch schon gesehen. An den ersten Häusern von Serkowitz drehe ich um – eine reichliche halbe Stunde bin ich unterwegs. Nun habe ich die Sonne im Gesicht und sie blendet sehr auf dem Schnee. Ich werde über die Anschaffung einer Skibrille nachdenken müssen. Eigentlich wollte ich das nicht, und beim Radfahren genieße ich immer die volle Dosis Sonne. Aber wenn ich länger bei Schnee unterwegs bin, geht es wohl nicht anders.

Wieder zurück nach Altkaditz, und in Kaditz fährt die Straßenbahn. Ich könnte bis nach Hause fahren, aber mir geht es bestens – so gut wie seit dem letzten Wochenende nicht mehr, und ich laufe weiter. Man bekommt wirklich den Kopf frei beim Laufen. Ich habe vor zwei, drei Jahren zum Entspannen und Abschalten längere Radtouren begonnen; Laufen funktioniert ähnlich bei geringerem Zeitaufwand. Aber wenn es zeitlich und vom Wetter her passt, werde ich auch wieder radfahren.

Der Elbepark ist in Sichtweite. Ich bin froh, so ein Einkaufszentrum in unmittelbarer Nähe zu haben, aber nun bin ich besonders froh, die Einkaufstour hinter mir zu haben. An Wochenenden ist dort immer viel los. In der Gewissheit, dass mein heutiger Lauf mein bisher weitester sein wird, bin ich richtig gut drauf und auch ein wenig stolz. Ich komme tatsächlich wieder bis nach Hause zurück! Das Feld ist schnell überquert, ein paar Nebenstraßen noch und ich bin wieder am Hoftor. 64 Minuten – und es können 8 bis 9 Kilometer gewesen sein. In der Wohnung angekommen, bin ich tatsächlich hungrig. Erst mal gibt es einen Organgensaft, aber ein Stück Eierschecke werde ich am Nachmittag wohl verdrücken.