Samstag, 9. Februar 2013

Das Wetter ist derzeit eine Geduldsprobe. Erst tagelang Sturm, Regen und Hagel und nun überfrierende Nässe. Wochentags bin ich fast nur noch im Fitnessstudio, aber ehrlich: so richtig Freude macht das nicht. Gerade im Winter hat man Natur und frische Luft besonders nötig. Gestern dachte ich mir beim Blick auf die Wettervorhersage: besser wäre es, aufs Laufband zu gehen, aber dort war ich ja schon am Donnerstag Morgen; noch ein Tempotraining am Freitagabend wäre zu viel und einen langen Lauf auf dem Laufband… nein, sowas möchte ich mir nun doch nicht antun, das ist einfach zu langweilig. So war es also beschlossen: der Samstaglauf findet draußen statt. Und da ich wieder einmal mitten in der Nacht munter war, wollte ich auch beizeiten starten. Es geht gegen 5.40 Uhr los. Auf dem Gehweg vor dem Tor sind einige glatte Stellen, aber man kann ihnen gut ausweichen. Als ich unsere Straße überquere, muss ich aufpassen und auf der anderen Seite geht es langsam und vorsichtig weiter. Aber am Elbufer sind die Wege gut geräumt und besonders in Häusernähe läuft es sich ganz gut. Ich überquere bewusst nicht die Molenbrücke, denn dort ist nicht gestreut und das ist mir zu gefährlich. Entlang der Leipziger Straße kann man sehen, wo schon der Winterdienst war, aber es gibt auch immer wieder glatte Abschnitte. An einer dieser Stellen wende ich mich hinunter Richtung Elbe, um auszuprobieren, ob man auf dem Elberadweg laufen kann. An der linken Seite, ein kleines Stück weiter vom Wasser entfernt, kann man auf einem schmalen Streifen ganz gut laufen – daneben ist es glatt. Hier ist Konzentration gefragt. Völlig dunkel ist es ja nicht, aber auch nicht hell. Als der Weg ein Stück ansteigt, muss ich auf das Gras ausweichen, und dort bleibe ich für eine Weile. Am Hotelschiff wechsle ich die Seite und tatsächlich: der asphaltierte Weg ist spiegelglatt. Auf dem Eis eine dünne Schneeschicht, die trügerisch wirkt. Ich halte mich wieder am Rand: auf einer Kiesspur kann man ganz gut laufen. Hinter der Marienbrücke geht es auf dem Gras weiter. Auch hier bin ich langsam und vorsichtig. Ich beginne zu überlegen, ob heute noch mehr Verrückte hier unterwegs sind, aber offenbar muss ich die Strecke mit niemandem teilen: kein Jogger, kein Radfahrer, kein Spaziergänger – auch kein Hund ist zu sehen. Dann sollte ich mich endlich entspannen und die Strecke genießen, denke ich, denn die heutige Runde ist eine ganz besondere. Das Wasser ist immer noch sehr nah; ab und an hört man Enten ins Wasser gleiten und Wildgänse schnattern. Jede Veränderung des Untergrundes erfordert Aufmerksamkeit: zunächst ein paar langsame Probeschritte, ehe ich wieder zu joggen anfange. Auch im Gras gibt es einige verharschte und überfrorene Stellen, aber insgesamt komme ich gut voran, wenn auch recht langsam. Und man bekommt doch ziemlich schnell ein Gefühl für das Gelände und eventuelle Tücken. Heute trage ich die Trailrunningschuhe und bin somit ideal ausgestattet. Der Elberadweg ist hier die reinste Eisbahn, ein Seitenwechsel wäre nur unter Brücken ratsam. Aber ich muss hier nicht wechseln: weiter geht es bis zur Albertbrücke, wo mein heutiger Wendepunkt sein soll. Hier hört man die Elbe rauschen, sie befindet sich fast auf Weghöhe. Dann folgt ein Abschnitt mit Kopfsteinpflaster, der verdächtig aussieht. Ein vorsichtiger Schritt genügt, um festzustellen, dass die Stelle vereist ist. Die letzten Meter kann ich mir sparen, ich kehre sofort um und laufe auf dem Gras zurück. Nach einer mindestens zur Hälfte durchgrübelten Nacht ist so eine Tour genau das Richtige. Frische Luft, Konzentration und gleichmäßige Bewegung – was braucht man mehr, um sich zu sammeln und wirklich wichtigen Dingen zuzuwenden. Die meisten Gefahren lauern doch im Alltag, in der Routine. Menschen sind nicht zur Monotonie geschaffen – kein Wunder, dass dann auch die Aufmerksamkeit nachlässt. Wetterkapriolen können also beitragen, die Aufmerksamkeit zu schulen – zumindest ab und an. Dennoch könnte es von mir aus gern Frühling werden. Obwohl der Wetterbericht etwas anderes sagt, sind doch erste Vorboten zu spüren: man hört mehr Vogelstimmen. Als ich die Marienbrücke hinter mir lasse, wird es hell. Ich freue mich über die geglückte Strecke und bin auch ein wenig stolz. Am Pieschener Hafen wechsle ich wieder zur Leipziger Straße. Hier hat der Winterdienst vereinzelt Split verloren – aber man kann die Körner wirklich suchen. Teilweise sind das ziemlich begangene Wegabschnitte im Haltestellenbereich. Wenn da schon im großen Stil gespart wird, brauche ich mich wohl auch nicht sorgen, wenn ich mal nicht vor sieben Uhr gestreut habe! Das Laufen auf weichem Untergrund war gut und mir fallen die letzten Meter nach Hause gar nicht schwer. Reichlich zehn Kilometer waren es in eineinhalb Stunden.

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