Samstag, 12. November 2011

Heute starte ich 6.43 Uhr von Zuhause, und es wird hell. Kalt ist es geworden, ein Grad über Null. Ich laufe geradewegs zur Elbe hinunter, wende mich dort links herum Richtung Molenbrücke. Ich muss mich ein wenig zurückhalten, denn wenn ich mich auf den Lauf freue, neige ich dazu, zu schwungvoll zu starten. Trotz der Unternehmungslust: ein wenig musste ich mich überwinden, als ich aufs Thermometer sah! Aber mit der passenden Kleidung klappt das schon: ich trage die Softshelljacke, darunter ein langes Funktionsshirt und die warme, lange Laufhose, selbstverständlich das Funktionstuch, das ich als Schal nutze, dazu Mütze und Handschuhe. Oft wird Läufern geraten, sich so zu kleiden, dass man anfangs etwas friert, aber ich mag das gar nicht; außerdem verletzt man sich leichter, wenn man friert. Ich öffne lieber die Jacke ein Stückchen oder ziehe die Handschuhe aus, wenn es zu warm wird – damit kann man in der kalten Jahreszeit schon viel regulieren.

Es ist ein sehr stimmungsvoller, stiller Morgen. Während ich Richtung Stadtzentrum laufe, kommt mir nur ein einziger Läufer entgegen. Ich habe es gern so ruhig. Himmel und Elbe sind ein wenig rosafarben, es ist nicht neblig, und ein schöner Tag kündigt sich an. Als ich die Marienbrücke vor mir sehe, bin ich in meinem ruhigen Laufrhythmus angekommen. Am Dienstagabend war ich k.o. und bin eine Runde von knapp acht Kilometern gelaufen – naja, eher geschlichen. Am Donnerstagabend waren es knapp zehn Kilometer an der anaeroben Schwelle, und ich war noch nicht völlig geschafft, so dass ich dem Wochenendlauf optimistisch entgegen sah. Heute hatte ich gleich das Gefühl, dass es gut laufen müsste, und habe mir deshalb eine Strecke von reichlich 12 Kilometern als Ziel gesetzt. Das bedeutet bei meinem jetzigen Trainingsstand: unbedingt langsam und ruhig joggen, wenn ich es schaffen will. Aber ich spüre, dass die Form wieder nach oben geht, und allein dieses Gefühl stimmt mich zuversichtlich.

Im Stadtzentrum ist es noch still und fast menschenleer. Groß und silbern steht der Mond über der Semperoper, als ich am Italienischen Dörfchen vorbeilaufe. Ich habe die Augustusbrücke überquert und wende mich nun wieder in die entgegengesetzte Richtung. Der Weg führt am Sächsischen Landtag vorbei, wo ein paar Krähen im Laub wühlen. Hier gehe ich öfter in der Mittagspause entlang, um frische Luft zu schnappen, und neulich ließ sich eine Krähe von mir füttern. Zögernd umkreiste sie mich, als ich auf einer Bank saß, kam allmählich näher, blieb seitlich von mir stehen und wartete, den Kopf leicht geneigt und abgewandt. Sicher hat sie schon schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Ein paar Stückchen von meinem Pausenbrot vertilgte sie sofort, einen Rest verscharrte sie.

Ich bin wieder an der Marienbrücke und fühle mich noch gar nicht müde, das ist ein herrliches Gefühl. Nur die Ruhe! Ich möchte in einem schönen Bogen an der anderen Elbseite entlang heimwärts. Zur Schlachthofstraße geht es ein kleines Stück bergan; dann links herum übers Ostragehege. Nun steigt die Sonne rot über die Häuser, und der Mond verblasst. Ich laufe am Schlachthof vorbei und die Bremer Straße entlang. Im Sommer ist es hier angenehm schattig, aber heute finde ich es etwas düster. Der Fußweg ist voller Laub, und man sieht nicht immer, wohin man tritt. Das ist eine gute Übung für Koordination und Trittsicherheit. Endlich kann ich diese Straße hinter mir lassen und laufe hinauf zur Flügelwegbrücke. Die Sicht über das Elbtal ist wunderschön und gibt mir gleich wieder Energie, denn die Kräfte lassen nach. Vor mir sind zwei junge Burschen, die sich laut unterhalten. Ich mache einen Bogen um sie. Sie wirken angeheitert und können gewiss nicht gut rennen, aber ich werde sicherheitshalber doch etwas schneller. Das klappt, weil es leicht abwärts geht, ganz gut. Nun kann ich meinen gewohnten Weg rechts herum durch Übigau laufen. Langsam und ruhig komme ich in heimatliche Gefilde und weiß, dass ich mein Ziel erreiche. An der Sternstraße entlang, am Feld vorbei – und die letzten Meter genieße ich so richtig. Ein schöner Ausdauerlauf war das, und ja, das Maximale für heute.

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