Samstag, 5. November 2011

Start 6.25 Uhr: es wird langsam hell. Freude am Laufen war es nicht, die mich so früh aus den Federn getrieben hat. Der gestrige Arbeitstag war sehr lang gewesen, und ich hatte es mir offen gelassen, heute oder besser erst morgen zu laufen. Aber ich bin seit 3.30 Uhr auf und habe Zeit, also mache ich mich auf den Weg. Leistungsdruck kann ich heute nicht gebrauchen, nicht einmal solchen, den ich mir selbst mache. Ich laufe in gemächlichem Tempo zum Feld, wo die ersten Spaziergänger ihre Hunde ausführen. Da meine Laufkleidung dunkel ist, trage ich die Warnweste; Strahler und Stirnlampe brauche ich nicht. Der Himmel färbt sich rosa, aber ich finde den Morgen nicht stimmungsvoll, sondern trist. Ob es möglich ist, zur Entspannung zu laufen? Ich versuche, nicht aus der Puste zu kommen. Das ruhige, gleichmäßige Tempo bewirkt, dass mir immer mal die Augen zufallen. Zum Schlafen bin ich zu überreizt, aber zu müde, um wirklich wach zu sein. Kopfschmerzen nach dem Aufstehen – sowas kenne ich sonst gar nicht. Ich wünsche mir, dass das Laufen eine Verbesserung bringt.

Die Strecke an der Washingtonstraße entlang sorgt nicht gerade für Frischluftzufuhr. Ich hatte vorgehabt, die Flügelwegbrücke zu überqueren, auf der anderen Seite umzudrehen und zurückzulaufen, aber der Berufsverkehr lässt mich eine andere Entscheidung treffen: ich wende mich wie gewohnt Richtung Übigau. Schleppend geht das heute. Normalerweise kriege ich am Donnerstagabend die Beine nicht hoch, aber an diesem Donnerstag war das anders. Ich wollte zunächst im Fitnessstudio aufs Laufband, weil der Wind so eisig wehte, aber dann musste ich schnell nach Hause. Gesiegt hat wieder mal der Trotz, und ich bin später noch eine schöne Runde ums Viertel gelaufen, relativ zügig und locker, wenn auch in völliger Dunkelheit. Am Dienstag bin ich zur Arbeit gelaufen, aber da war der Gegenwind schon recht unangenehm. Heute ist es mit 3 Grad noch kälter, aber nicht so windig. Ich bin, weil ich ungern friere, wie für Minusgrade angezogen. Nach dem Lauf, wenn der Kreislauf herunterfährt, kühlt man sehr schnell aus. Was passiert, wenn man durchgeschwitzt an einer Haltestelle herumsteht, kann sich jeder ausmalen. Deswegen wird empfohlen, in der kühlen Jahreszeit von Haustür zu Haustür zu laufen. Mir fehlt die Leichtigkeit der sommerlichen Strecken, bei denen ich mich darum nicht scheren muss, aber auch der Lichtmangel macht sich bemerkbar.

An der Elbe ist es richtig hell, Nebel schwebt über dem Wasser, und Raureif liegt auf den Wiesen. Eine halbwegs ordentliche Runde – 5 bis 6 Kilometer – werde ich wohl hinbekommen. Ich laufe wie so oft Richtung Molenbrücke. Nun allerdings werde ich spürbar munter. Deswegen werde ich mich nicht antreiben, aber es stimmt mich optimistisch. Der Druck im Kopf ist weg, und es ist tatsächlich, als hätte ich den gestrigen Tag und die kurze Nacht hinter mir gelassen. Nun kann ich locker Richtung Stadtzentrum laufen und sehen, was noch geht. Die Landschaft um mich herum ist wohltuend: ganz ruhig, beinahe spiegelglatt ist das Wasser im Pieschener Hafen. Ich beobachte die Enten, die Amseln in den Büschen am Wegrand und die Wildgänse am Himmel. Ein paar Hagebutten leuchten dunkelrot. Nun ist schon die Marienbrücke zu sehen, und ja: bis dorthin würde ich schon gerne. Und da ich nach wie vor langsam laufe, könnte ich das gut schaffen. Die Läufer, die mir entgegenkommen, sind viel schneller als ich, aber das kümmert mich nicht. Es bedeutet mir derzeit viel, nicht auf sämtliches Training verzichten zu müssen. Oft habe ich nicht die geringste Lust, mich auf den Weg zu machen, aber dann denke ich an die Alpen, an vergangene und künftige Touren und daran, dass es sinnvoll ist, das ganze Jahr über zu trainieren.

Da ist sie, die Marienbrücke, für heute mein Wendepunkt. Ein Wendepunkt ist immer ein schöner Moment: nun habe ich den größeren Teil der Strecke geschafft. Zurück entlang der Elbwiesen, zur Molenbrücke und wieder in Elbnähe bis zur Sternstraße: die letzten zwei Kilometer sind etwas anstrengender. Über acht zurückgelegte Kilometer hätte ich mich schon gefreut, weil es anfangs ja nicht so gut lief, aber es sind 10,7! Nach dem Laufen bin ich erfrischt und in Wochenendstimmung.

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