Samstag, 16. November 2013

Noch ein langer Lauf



In der vergangenen Woche habe ich etwas geruhsamer trainiert. Kein Intervalltraining, sondern am Dienstag zunächst eine Radtour als Alternative zum Laufen und am Donnerstag… da habe ich gerade so 8,5 Kilometer geschafft. Mir hat zwar eine innere Stimme zugeflüstert: stell dich nicht so an, du schaffst auch zehn Kilometer, aber ich wollte mich nicht quälen und habe aufgehört. So toll empfand ich meine Form nicht und ließ völlig offen, ob und wie weit ich heute laufen würde. Aber ich wachte schon kurz nach Mitternacht auf und dachte sehnsüchtig: Warum kann ich nicht jetzt schon loslaufen. Freilich wäre das möglich, aber der ganze lange Lauf in der Dunkelheit, das ist dann doch nichts für mich. Ich mag ja besonders die Morgendämmerung und den Tagesbeginn, das könnte von mir aus ewig andauern. Also drehte ich mich nochmal um, aber kurz nach drei Uhr wollte ich dann aufstehen. Ich war sowas von hibbelig! Es war immer noch sehr früh am Morgen, aber ich nutzte die Gelegenheit für ein erstes kleines Frühstück. Gegen halb fünf war ich dann nicht mehr zu halten: ich begann langsam mit einer großen Aufwärm-Runde ums Feld. Als es dann richtig losgeht, habe ich schon vier Kilometer zurückgelegt. Nun geht es an der Leipziger Straße Richtung Stadtzentrum, genau wie am vergangenen Sonnabend. Heute muss ich mich besonders zügeln und um Ruhe bemühen. Wenn ich in der Dunkelheit zu meinem Lauf aufbreche, denke ich oft an die Hochtouren-Geher und Höhenbergsteiger, die meist schon in der Nacht losgehen oder klettern. Ich habe viele solcher Tourenberichte gelesen, und mein Wochenendlauf ermöglicht mir doch sehr regelmäßig ein kleines Highlight, eine Auszeit aus dem Alltag. Durch die Feldrunde bin ich etwas später dran und der Berufsverkehr ist schon im Gange. An der Albertbrücke geht es hinunter auf den Elberadweg. Wieder begegnet mir ein Läufer in der Dunkelheit. Die beleuchtete Waldschlösschenbrücke ist schon von weitem zu sehen. Mein Tempo ist sehr gemächlich, aber so leicht wie am vergangenen Wochenende geht es nicht voran. Ich mache mir darüber nicht weiter Gedanken. Noch weiß ich nicht, wie weit ich heute laufen werde. Dann der lange, dunkle Wegabschnitt zwischen Waldschlösschenbrücke und Blauem Wunder. Ich muss noch meditativer, noch gelassener beim Laufen sein, mich völlig fallenlassen in die gleichmäßige Bewegung. Auf dem Kopfsteinpflaster muss ich mich heute mehr konzentrieren. Stolpern oder gar Umknicken wäre jetzt nicht so gut. Aber als Auflockerung des Lauftrainings ist ein solcher Streckenabschnitt gar nicht verkehrt. Ich trage heute erstmals meinen neuen Laufrucksack, der besonders klein und flach ist und eine 1-Liter-Trinkblase enthält. Ich habe aber nur 0,75 Liter eingefüllt. Die Träger sind mit Täschchen versehen, praktisch fürs Handy, Fahrscheine und was man sonst so benötigt. Ich habe heute gut vorgesorgt; immerhin bin ich gut im Training und halte einen langen, weiten Lauf für möglich. Als ich das Blaue Wunder, Dresdens östlichste Brücke, überquere, ist es zehn vor sieben. Wie es mir wohl in einer Stunde gehen wird? Ich werde sehen. Nun bin ich über 14 Kilometer unterwegs, bald habe ich die 15-Kilometer-Marke erreicht. Blau dämmert der Morgen, es ist trüb und kühl. Fünf Grad, dazu beinahe Windstille – das sind für mich ideale Laufverhältnisse. Ich bin gern unterwegs, wenn es kühl ist. Den Rückweg bis zur Waldschlösschenbrücke will ich heute genießen. Das ist nicht nur der größte Abstand zwischen zwei Brücken, der sich hinzieht, sondern das Elbtal ist hier so schön weit und es ist noch so still. Man sieht die Elbschlösser auf der anderen Seite und wieder die Lichter der Waldschlösschenbrücke. Nach etwa zehn Kilometern hatte ich die erste Trinkpause gemacht, nach 16 Kilometern mache ich die zweite. Ich gehe dabei immer ein paar Schritte und nutze diesen Moment als kurze Erholung. Es bringt nichts, während des Laufens trinken zu wollen und sich dabei möglicherweise zu verschlucken. Und irgendwann habe ich die Brücke hinter mir gelassen und begegne immer mehr Läufern jeglichen Alters. Die meisten von ihnen starten und ich bin auf dem Heimweg – einem langen Heimweg allerdings, wie ich nun beschlossen habe. Am Johannstädter Fährgarten, Kilometer 18 ist überschritten, genehmige ich mir eine Traubenzuckertablette. Vier Kilometer weiter soll es noch eine geben. Ich laufe am Elbe-Flohmarkt vorbei, wo schon emsiges Treiben herrscht, und als ich mich dem Stadtzentrum nähere, erfüllen mich Glück und Zufriedenheit. Mein großes Ziel in diesem Jahr rückt näher, es ist heute realistisch. An der Anlegestelle der Weißen Flotte ist die 20-Kilometer-Marke erreicht. Ich fühle mich noch sehr gut, besser eigentlich als drüben auf der anderen Seite. Vermutlich wirkt auch der Traubenzucker. Am Kongresszentrum ist Halbmarathon, 7:54 Uhr, Trinkpause. Ich bin wirklich sehr langsam, aber nur so sind für mich derartige Strecken zu schaffen. Und weiter geht es. Ich werde nicht versuchen zu kämpfen. Kampf ist meist auch Krampf. Locker, ruhig und entspannt kommt man weiter. Ich werde keine Strategien bemühen, der Kopf kann die Arbeit getrost den Beinen überlassen, die sind trainiert und werden das schon machen. Ich sehe mich immer mal um. Allmählich kommt man in Weihnachtsstimmung, etwa Adventsschmuck in der Stadt wäre doch schön. Bald ist es soweit! Heute laufe ich weiter geradeaus, am Ostra-Sportpark vorbei und von dort aus nach Nordwesten zur Flügelwegbrücke. Den Radweg hier unten habe ich erst kürzlich für mich entdeckt; man fährt sehr ruhig an Wiesen vorbei, eine richtige Genießer-Strecke und passend für mein heutiges Laufziel. Aber plötzlich sehe ich vorn jemanden mit mehreren großen Hunden, die wild herumspringen, und bin froh, sofort einen Abzweig zur Straße hinauf nehmen zu können. Denen will ich heute nicht begegnen! Also leider keine Genießer-Tour, aber dafür bringe ich jetzt schon etwas Anstieg hinter mich. Noch eine Traubenzuckertablette, die sollte dann auch genügen. An der Bremer Straße entlang … 24 Kilometer sind mein nächstes Streckenziel. Nun ist es anstrengend, aber ich kann mich noch konzentrieren  - was bei der Beschaffenheit des Fußwegs nötig ist - und es tut nichts weh, also werde ich heute mein Ziel erreichen. Keine Trinkpause mehr, ich will nun bis Kilometer 25 durchlaufen. Anstieg zur Flügelwegbrücke, ich bin schon stolz, es gleich geschafft zu haben. Als ich die Brücke etwa zur Hälfte überquert habe, ist die magische Marke erreicht. Ich laufe noch weiter bis zur nächsten Bushaltestelle am anderen Ende der Brücke. 25,5 Kilometer in 3:46. So weit und so lange bin ich bisher noch nicht gelaufen! Und damit beende ich für mich die Lauf-Hauptsaison 2013. Bis Anfang Dezember werde ich etwas abtrainieren und dann eine Regenerationsphase einlegen, nur noch zweimal wöchentlich und deutlich kürzere Strecken laufen und dafür öfter mal etwas anderes machen: Spaziergänge, andere Sportarten und alles etwas ruhiger angehen. Den einen oder anderen Genusslauf werde ich aber sicher auch weiterhin beschreiben – und dann irgendwann im Februar , wenn es klappt,  zu neuen Laufzielen starten.

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