Samstag, 7. März 2015

Von Unsicherheit zu Sicherheit

In dieser, gerade „abgehakten“ Trainingswoche hatte ich nur 35 Wochenkilometer zu absolvieren. Darüber hätte ich mich freuen können – wenn nicht am Ende der Woche noch eine Herausforderung gewartet hätte: ein 10-Kilometer-Lauf auf Zeit. Eigentlich hätte das ein Wettkampf sein sollen. Aber ich fahre nicht quer durch Deutschland, um irgendwo 10 Kilometer zu laufen – ganz abgesehen davon, dass ich nicht mal für einen Halbmarathon verreisen würde. Auch, wenn ich auf meinen Trainingsstrecken keine Wettkampf-Bedingungen habe, würde ich, so beschloss ich, doch mein Bestes tun, um eine relativ gute Zeit zu laufen. Der bevorstehende 10-Kilometer-Lauf war während der gesamten Woche präsent; er beschäftigte mich. Das mag seltsam klingen, weil ich schon oft weiter, sehr viel weiter gelaufen bin – nur eben langsamer. Ich bin der Typ, der einen entspannten Halbmarathon einem ambitionierten 10-Kilometer-Lauf vorzieht. Damit möchte ich nicht behaupten, ein Halbmarathon sei einfach. Ein Halbmarathon ist anders, stellt andere Anforderungen: solche, die mir mehr liegen. Man hört gelegentlich von Leuten, die ohne jegliche Vorbereitungen Halbmarathon laufen. Das mag im Einzelfall klappen, aber abgesehen davon, dass ich mir so etwas nicht vorstellen kann, würde ich es auch niemandem empfehlen. Ein Halbmarathon ist kein Spaziergang, und mein Standpunkt ist: soll ein solcher Lauf ein positives Erlebnis werden, verdient er gründliche Vorbereitung. Mit der 10-Kilometer-Distanz stehe ich ein bisschen auf Kriegsfuß. Daher meine Unsicherheit, die mir immer sagte: ich muss laufen, so schnell es irgend geht, auch wenn es unangenehm ist, auch, wenn ich fürchte, nicht durchzuhalten. Anders geht es nicht. Glücklicherweise besann ich mich heute Morgen, als ich loslief, auf gut fünf Jahre Lauferfahrung und begann locker, wenn auch nicht zu langsam, mit meiner ersten kurzen Aufwärmrunde. Bald wurde es mir zu warm; ich ließ also die Warnweste zuhause – es begann ohnehin zu dämmern. Da es mild geworden war, steckte ich auch mein Stirnband in die Tasche und wandte mich Richtung Innenstadt. Ich versuchte, mein bestmögliches lockeres, aber zügiges Tempo zu laufen. Das war sehr viel zügiger als bei meinen langen Wochenendläufen. Aber ich bemühte mich immer, locker zu bleiben. Diese Erfahrung verdanke ich meinen geliebten Langstrecken – ausschließlich diesen, wie ich betonen möchte. Ich begann auf meinen Trainingsplan zu vertrauen – und auf vier Wochen Tempotraining. An der Marienbrücke angekommen, wechselte ich hinunter auf den Elberadweg und lief noch ein Stück geradeaus weiter. Bald hörte ich einen Radfahrer hinter mir, der sich mit einem lebhaft herumspringenden Hund sehr schnell näherte. Bei jener Sorte Hund bin ich vorsichtig: sie sind spielfreudig und neigen zum Übermut, und ich möchte nun mal nicht spielen. Also wurde ich langsamer und lief vorsichtig weiter. Der Radfahrer rief seinen Hund zurück, aber ich nutzte die nächste Gelegenheit, in den Park am Japanischen Palais abzubiegen und wandte mich um in die Gegenrichtung, wieder heimwärts. Nach ein paar Metern ging es dann wieder auf dem Elberadweg weiter. Zügig… ich hatte erst reichlich sechs Kilometer zurückgelegt. Aber ich kämpfte nicht, sondern lief weiter, so gut (und nicht so schnell) es ging. Ich musste die Strecke noch ein Stück übers Feld verlängern, aber das war kein Problem: dort läuft es sich ja gut. Genau nach 10 Kilometern stoppte ich. 1:15! Im ersten Moment war ich etwas enttäuscht. Mein Trainingsplan gab eine Zielzeit von 57 Minuten vor. Aber ich weiß ja längst, dass der Plan in puncto Tempo nicht zu mir passt. Und ich erinnerte mich an meine intensive Trainingsphase vor dem ersten 10-Kilometer-Lauf. Kurz vor dem Wettkampf war ich stolz auf 1:17…, das ist immerhin schon ein paar Jahre her. Das Tempotraining hat mir wirklich etwas gebracht. Und nicht nur das: Ich habe heute mein 10-Kilometer-Tempo gefunden. Natürlich war ich froh, das letzte Stück nach Hause gehen zu können, aber bereits nach wenigen Metern fühlte ich mich erfrischt und voller Tatendrang.

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