Dienstag, 22. Mai 2012

Eine Laufpause hat auch ihre Vorteile. Lange Zeit wollte und konnte ich das nicht hören oder wahrhaben. Über die Monate habe ich begriffen, dass ich geduldig sein muss, und manchmal richtet man sich behaglich in seiner Geduld ein: man kann im Sessel sitzen und den neuen Roman von Sten Nadolny lesen, ohne dass sich das schlechte Gewissen meldet: wäre nicht noch etwas Ausdauersport angebracht? Nein, lautet dann die Antwort und ich sollte mir das gut merken für Phasen, in denen ich wieder mal zu ungeduldig bin. Für heute hatte ich mir das Ziel gesetzt, zur Arbeit zu laufen: vier Kilometer sind es von mir zuhause aus bis zur Firma, wenn ich die kurze, direkte Strecke wähle. Nachdem ich nun einige Male an die 3,5 Kilometer gelaufen bin, war ich mir sicher, dass ich das schaffe. Dennoch lag ich die halbe Nacht vor Aufregung wach. Gerade dann, wenn ich am nächsten Tag etwas leisten möchte, ärgere ich mich darüber, dass ich nicht einfach einen Schalter umlegen kann, um mich in den Schlaf zu befördern – und der Ärger lässt mich dann erst recht nicht zur Ruhe kommen. Wie soll das gehen, fragte ich mich Stunde um Stunde mit bangem Blick zur Uhr, aber ich war entschlossen, zu laufen und als ich dann aufstand, aufstehen konnte, hatte ich auch richtig Lust darauf. Start 6.30 Uhr, zunächst gehend bis zur Sternstraße. Früher bin ich immer direkt losgelaufen, heute beginne ich langsamer. Hinter der Ampel laufe ich Richtung Elbe und spüre: das wird anstrengend. Es ist schwül, die Beine sind schwer und unbeweglich, ich bin zu schwer, zu ungeübt. Ganz langsam geht es weiter. Theoretisch kann man das noch joggen nennen… Die Morgenstimmung an der Elbe lädt zum Weitermachen ein. Mit dem Rad ist man viel zu schnell in der Stadt… und laufend war ich auch mal wesentlich schneller. Der Unterschied ist krass: ich habe das Gefühl, kaum von der Stelle zu kommen, aber übe mich in Gelassenheit. Hauptsache, ich kann laufen! Schnelligkeit ist völlig unwichtig. Durchhalten, nur durchhalten ist heute angesagt, und ich bin ziemlich entschlossen dazu. Ein paar Läufer kommen mir entgegen, aber vor allem sind Radfahrer unterwegs – bei sommerlichen Temperaturen kein Wunder. Ganz allmählich komme ich der Marienbrücke näher. Hier verlasse ich den Elberadweg. In dem kleinen Park, wo ich unterwegs bin, ist von dem kühlen Lüftchen, das in Ufernähe für ein erträgliches Klima gesorgt hat, nichts mehr zu spüren. Hier habe ich wirklich zu kämpfen und bin drauf und dran, eine Gehpause einzulegen. (Findet mich hier jemand, wenn ich umkippe?) Ich gebe zu, ich bin ein bisschen feige geworden. Einige tiefe Atemzüge danach bin ich wieder willens, es bis zur Arbeit zu schaffen. Ich brauche dieses Erfolgserlebnis! Nur noch auf die Brücke, bis ans andere Ende und dort noch ein paar Meter… aber die Strecke zieht sich. Ich bin doch so langsam… Dann ist es endlich geschafft, ich lasse den Lauf mit einer Geh-Runde ausklingen und vergesse auch die Dehnungen nicht. Kleine Nachlässigkeiten können irgendwann unangenehme Folgen haben. Vier Kilometer! (In einer halben Stunde – aber egal.)

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