Samstag, 22. Dezember 2012

Die Vorweihnachtshektik macht einen so hibbelig! Ich war schon wieder sehr früh auf, und kurz nach sechs Uhr geht es los. Winzige Schneeflöckchen sinken vom Himmel herab. Am Donnerstag bin ich abends gelaufen und trotz des großen Wunsches nach Bewegung habe ich nur 6,5 Kilometer geschafft. Da bin ich gespannt, wie es heute so klappt, denn die Pause war ja eher kurz. Am Dienstag waren es Tempointervalle (bescheidene freilich) über eine Stunde – das hatte ich in diesem Jahr noch nie, und die Zeit war wie im Fluge vergangen. Ganz still ist es auf den Straßen! So mag ich das. Ich möchte etwas Abwechslung und wähle die Sternstraße entlang bis über die Flutrinne, wende mich dort rechts herum und laufe vorbei an weihnachtlich beleuchteten Häusern bis zur Washingtonstraße. Es ist noch so wenig los, dass ich diese breite Fahrstraße problemlos überqueren kann. Weiter geht es am Hornbach-Markt vorbei Richtung Kaditz. Die ersten Menschen gehen an ihre Arbeit: ein Taxi steht an der Haltestelle bereit, die Straßenbahn wartet an der Wendeschleife, und im Blumenladen ist auch schon jemand beschäftigt. Ich freue mich, nach Altkaditz zu laufen, und nehme den Weg links herum durch den Dorfkern. Auch hier eine solche Ruhe – alles schläft noch! Diese Stille hat für mich mehr mit Weihnachten zu tun als all das, was man sonst heutzutage im Alltag erlebt. Alles ist gut beleuchtet, kein Grund zur Sorge. Wie nun weiter? Nach Serkowitz – das ist eine klassische Laufstrecke von mir, aber ohne Stirnlampe dort durch die Felder? Ich folge ein Stück dem Elberadweg. Die Straßenlaternen reichen bis zu den letzten Häusern und dahinter: Finsternis. Ich bin aber neugierig und möchte noch ein Stück weiter. Der asphaltierte Elberadweg ist ja kein Problem, aber so allein da im Dunkeln? Neben mir der Friedhof, die Tore sind geöffnet, und weiter hinten schimmert ein einziges Licht. Das ist so anrührend, dass kein Raum bleibt für irgendwelche Gruselphantasien. Und auf einmal ist es gar nicht mehr finster. Man sieht den Weg vor sich wie ein helles Band, erkennt auch Details in der Landschaft, weiter hinten sind die Lichter von Serkowitz, beleuchtet sind auch Spitzhaus und Spitzhaustreppe – wahrlich eine Himmelsleiter! In meiner Tasche steckt leider nur eine Fahrkarte für eine Tarifzone. Wäre ich vorsorglicher gewesen, hätte ich der Verlockung nicht widerstehen können, hinauf zum Spitzhaus zu laufen! Es ist seltsam, so im Dunkeln unterwegs zu sein. Ein Stück rechts von mir flieht ein kleines Tier, wahrscheinlich ein Häschen, und ab und an krächzt ein Vogel. Die Elbe kann man schimmern sehen, obwohl weder Mond, noch Sterne zu sehen sind. Auch in Serkowitz schlafen die Leute noch in ihren geschmückten Häuschen; selbst die Tannen in den Gärten tragen Weihnachtsschmuck. Hinter einem kleinen Hügel kehre ich um und laufe wieder zurück. Nach einer solchen Strecke habe ich mich so lange schon gesehnt! Als ich zurück nach Altkaditz komme, sehe ich ein Licht im Kirchenfenster. Wie weit werde ich noch laufen? Bis zur Straßenbahn oder bis nach Hause? Klarer Fall, was ich möchte, aber ob die Füße das noch mitmachen? Ich trage meine alten Lieblingslaufschuhe wieder und es ist, als hätte ich sie nie zur Seite stellen müssen. In Kaditz steht die Bahn bereit, und ich laufe vorbei. Noch geht es ganz leicht, aber das kann einen Kilometer weiter schon ganz anders sein. Unter der Autobahn hindurch und ein Stück nach der nächsten Kreuzung über die Washingtonstraße – noch immer geht das problemlos. Zieht nun doch etwas Frieden ein in diese hektische Welt? Ich bin wieder unterwegs Richtung Übigau, denn noch kann ich gut laufen und warum sollte ich schon ans Aufhören denken. Einfach laufen, laufen, laufen, so weit ich mag. Ein bisschen ist heute schon Weihnachten. Ich habe mir immer mal gewünscht, in diesem Dezember wieder auf dem Trainingsstand zu sein, den ich hatte, als ich vor einem Jahr pausieren musste. Noch ist es nicht ganz so weit, aber ich fühle mich so reich beschenkt. Was sind schon ein, zwei Kilometer! Hauptsache Laufen! Irgendwie fühle ich mich angekommen – auf dem Weg zur Langstrecke, und das macht mich sehr glücklich. Kurz vor Übigau wird es dann anstrengend, naja, das gehört ab und an dazu. Die schönsten Geschenke sind jene, die nicht selbstverständlich und nicht käuflich sind. Während ich wieder durch Übigau laufe, wird mir klar, dass ich für meine Verhältnisse gut unterwegs war: neun, vielleicht zehn Kilometer. Es waren elf! Also doch ein Weihnachtsgeschenk.

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