Samstag, 5. Oktober 2013



Ich war schon sehr früh wach und irgendwann, kurz vor halb sechs, möchte ich nicht länger warten: ich beginne, in der Dunkelheit zu laufen. Einen Plan, wo es heute lang gehen soll, habe ich noch nicht und laufe einfach nach Lust. Den unangenehmen Ostwind möchte ich lieber im Rücken haben. An der Sternstraße entlang geht es Richtung Übigau, aber bald wende ich mich Richtung Washingtonstraße, um sie zu überqueren.  Das klappt frühmorgens am Wochenende noch ganz gut. Es ist ganz finster – direkt unten an der Elbe werde ich heute nicht laufen. Vorsorglich habe ich die Goretex-Schuhe angezogen, ich könnte also auf den Elbwiesen laufen. Doch im Dunkeln – das lasse ich lieber bleiben, so mutig bin ich nicht. Sonderlich motiviert war ich heute nach dem Aufstehen nicht, aber hier draußen in der Stille kommt die Lauflust. Ich möchte mich einfach treiben lassen. Kurzzeitig dachte ich: immer geradeaus, das geht nicht, da brauche ich zu viel Zeit, weiß nicht, wie gut ich nach Hause komme, eine Runde laufen ist viel zeitsparender. Ich muss ja noch zum Supermarkt und dies und jenes erledigen… Aber immer diese zeitsparenden Runden sind auf Dauer unbefriedigend. Ich beschließe, all das, was ich erledigen will, vorerst zu vergessen. Erst einmal wird gelaufen. Unter der Autobahnbrücke hindurch geht es nach Altkaditz. Dort kräht der erste Hahn und am Osthimmel wird es ein wenig heller. Ehe ich auf den Elberadweg gelange, muss ich eine kleine Umleitung nehmen. Hier schalte ich die Stirnlampe ein und wechsle auf die linke Wegseite. So bin ich relativ sicher, auch von Radfahrern ohne Licht nicht übersehen zu werden. Es kommt mir aber niemand auf dem Weg nach Serkowitz entgegen. Das Spitzhaus in Radebeul ist erleuchtet, im Osten färbt sich der Himmel rosa. Ich laufe aber in die entgegengesetzte Richtung und vor mir ist es immer noch fast dunkel. Kurz vor Serkowitz leuchtet links von mir ein Augenpaar – da habe ich wohl eine Katze mit der Stirnlampe angestrahlt. Hinter Serkowitz bin ich der Elbe wieder etwas näher und kann aufs Wasser sehen. Kühe sind auf der Weide, dunkle Erhebungen rechts von mir, aber sie geben keinen Laut von sich. Hier macht das Laufen richtig Spaß und ich komme etwas zügiger voran. Es ist herrlich, einfach geradeaus zu laufen und alle Gedanken, Pläne und Ziele zu vergessen. Rechts von mir ist Radebeul-Ost, der Turm der Friedenskirche in Radebeul-West ist weiter vorn zu sehen. Nun kann ich auf den Deich hinauf und im Gras laufen. So kann ich meinen Füßen etwas Abwechslung gönnen. Immer nur auf Steinen und Asphalt ist ja auch nicht das Beste. Vom Beginn dieses Jahres einmal abgesehen, habe ich keine längeren Laufrunden in der Natur zurücklegen können. Vielleicht klappt es ja vor dem Winter noch ab und an. Oben auf dem Deich läuft es sich sehr schön, allerdings ist es bei  Dunkelheit nicht empfehlenswert- da sind doch einige tiefere Löcher, wo man stolpern könnte. Keine Leute mit Hunden, keine Radfahrer – ich habe die ganze Strecke für mich. Von Radebeul-West aus geht es weiter zur neuen Elbbrücke, die hinüber nach Niederwartha führt. Dort soll mein Wendepunkt sein. Es sind jezt mehr als neun Kilometer und nun wird es etwas anstrengender. Ich werde langsamer. Das Elbtal hinter mir erstrahlt rosafarben. Was für eine schöne Zeit zum Laufen, so ruhig und entspannt hat man es nur früh am Morgen. Der Berufsverkehr, die Betriebsamkeit der Menschen – all das wird später kommen, wenn ich auf dem Heimweg bin. Ich laufe noch ein Stückchen hinter der Elbbrücke, Wendepunkt ist bei 10,6 Kilometern. Ich möchte nun 12 Kilometer laufen, das scheint mir machbar zu sein. Meine Form ist nicht so schlecht, wie ich angenommen habe, und heute ist ein guter Tag, um noch einen Kilometer anzuhängen. Zurück nach Radebeul-West ist es zeitweise etwas mühsam; der Weg geht stellenweise leicht bergauf und ich habe Gegenwind. Aber dann wird es auch wieder leichter, als das Ziel immer näher kommt. Zehn Minuten noch bis zur Abfahrt der Straßenbahn, die kann ich getrost warten und noch etwas auf und ab gehen. Man soll ohnehin nicht aus den Laufschuhen direkt in den nächstbesten Sessel fallen. Ich bin 13,27 Kilometer in 1:51 gelaufen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen