Komischerweise hatte ich gestern schon „Hummeln“. Am
liebsten wäre ich bei Nieselregen gelaufen oder Fahrrad gefahren, aber ich
sagte mir: dieser eine Ruhetag muss jetzt sein und die Beine fühlten sich noch strapaziert
an.
Heute also Start gegen sechs Uhr. Das intensive Licht
draußen erstaunt mich: es ist der Mond, der hell am Nordwesthimmel steht.
Beinahe ein Vollmond sogar. Eigentlich wollte ich der Morgensonne entgegen
laufen, aber dafür ist es noch zu früh. Also laufe ich Richtung Feld. Man spürt
schon, dass ein schöner Tag anbricht: über mir ist der Himmel ganz klar, nur am
Horizont sind ein paar Wolken. Es ist angenehm frisch, aber nicht zu kalt, viel
angenehmer als an den vergangenen unbeständigen Tagen, und es ist beinahe
windstill. Ideale Verhältnisse zum Laufen! Ich laufe wieder ganz gern Feldrunden,
die sind gut zum Warmwerden. Noch wird hier nicht gebaut, es gibt nur einen
breiten Weg für Fußgänger und Radfahrer sowie ein paar Nebenstraßen. Man läuft
an Alleebäumen vorbei, durch die heute der Mond scheint. Das Feld wird auch von
Tieren bewohnt: oft sehe ich morgens einen Hasen. Die Vögel sind noch still.
Manchmal ist eine Katze unterwegs. Ich spüre, dass dies ein guter Tag zum
Laufen ist, ich habe von Anfang an Schwung. Nur nicht zu schnell werden, ruhig
und gleichmäßig… an Ruhe mangelt es mir derzeit. Der Sonnabend-Lauf kann eine
gute Gelegenheit sein, zur Ruhe zu kommen. Ich kürze die Feldrunde etwas ab, um
nicht an der Sternstraße entlang laufen zu müssen, wo Scheinwerfer sind. Ich
habe doch lieber das Mondlicht um mich herum. Und da es so stimmungsvoll ist,
laufe ich gleich nochmal über das Feld. Kurzzeitig ist der Mond von
Wolkenschleiern verhangen. Im Osten fängt es an zu dämmern. Also werde ich eine
halbe Feldrunde laufen, weiter nach Altmickten und von dort aus zur Elbe. Der
Mond leuchtet noch immer, als ich über die Flutrinne laufe. Als ich an den
Elbwiesen entlang laufe, wird es heller. Hier hat man einen freien Blick bis
nach Pieschen – ich mag es, dieses Stück bis zur Molenbrücke zu laufen. An der
Brücke angekommen, schaue ich zur Uhr: 7,23 Kilometer. Nun geht es über die
Brücke, auch hier ist sehr viel Weite und die Elbe leuchtet silbern. Weiter
vorn das Stadtzentrum: die Türme von Hofkirche und Frauenkirche sind in feinen
Dunst gehüllt. Der erste Läufer kommt mir entgegen. Weiter vorn sind auch schon
Spaziergänger – hoffentlich ohne große Hunde. Tief atmen… nur so gelingt ein
längerer Lauf. Aber die Kilometer interessieren mich erst einmal wenig. Der
Morgen ist so besonders schön, da konzentriere ich mich auf meine Umgebung. An
der Marienbrücke weist ein Schild darauf hin, dass der folgende Abschnitt des
Elberadwegs morgen gesperrt sein wird. Ich freue mich für alle Läufer, die beim
Dresden-Marathon an den Start gehen, denn das Wetter wird wohl ganz gut sein.
Natürlich freue ich mich nicht nur für diejenigen, welche die sagenhaften 42,195
Kilometer laufen wollen, sondern auch für die anderen Teilnehmer. Ich werde
morgen nicht laufen, sondern radfahren oder wandern. Ein Zehn-Kilometer-Lauf reizt
mich nicht, und für einen Halbmarathon bin ich nicht trainiert genug. Außerdem
bin ich kein Fan von City-Läufen. Zwischen Augustus-Brücke und Carolabrücke
wird am Radweg der Belag erneuert: das soll wohl morgen fertig sein. Noch ist
die Sonne nicht zu sehen, aber bald… An der Carolabrücke beschließe ich,
umzukehren. Das ist ein guter Wendepunkt – ich hätte gar nicht gedacht, dass
meine Lauflust bis hierher vorhalten würde. An der Augustusbrücke möchte ich
eine kurze Trinkpause einlagen. Weiter vorn, am Pavillon mit dem Glockenspiel,
fällt es mir wieder ein. Oops, das wären schon 11 ½ Kilometer. Beim Lauf am
Donnerstag habe ich vor lauter Anstrengung die Trinkpause vergessen. Heute ist
alles anders, ich fühle mich noch immer richtig gut und diese Leichtigkeit
möchte ich mir noch ein Weilchen erhalten. Also trinken, ein paar Schritte
gehen und dann locker, ganz locker weiterlaufen. Nun ist die Sonne aufgegangen,
sie lässt das bunte Laub an den Bäumen erstrahlen. Und etliche Läufer sind
unterwegs, allein, in Grüppchen… einige von ihnen werden sicher morgen an den
Start gehen. Ob die Teilnehmer eigentlich wissen, dass die schönsten
Laufstrecken erst jenseits der Marienbrücke in nordwestlicher Richtung beginnen?
Aber das ist schließlich Geschmackssache. Da mich der Forerunner schon gewarnt
hat, dass die Batterien schwach sind, schaue ich an markanten Punkten immer mal
zur Uhr, um notfalls den Rest der Strecke nachzeichnen zu können. An der
Carolabrücke hatte ich beschlossen, vierzehn Kilometer zu laufen. An einem der
nächsten Wochenenden will ich dann 15 Kilometer laufen, das ist schon eine
besondere Zahl. Aber während ich der Molenbrücke näherkomme und immer noch
recht gut und locker unterwegs bin, korrigiere ich mein Ziel noch einmal. Nicht
an einem der nächsten Wochenenden – ich werde die 15 Kilometer heute laufen. Es
passt doch so gut an diesem schönen Morgen! Das Licht ist ganz außergewöhnlich,
die Bäume an anderem Ufer leuchten von gelb, orange bis dunkelrot. Auf der
Molenbrücke schaue ich mich noch einmal um: nun steigt die Sonne über die
Häuser. Ich laufe heute 15 Kilometer, und es geht ziemlich leicht. Und ich
hatte doch sogar damit gerechnet, den Lauf frühzeitig beenden zu müssen, weil
es vorgestern so mühsam war. Auch nach drei Jahren, die ich nun laufe, gibt es
immer noch Überraschungen. Von der Elbe aus mache ich noch einen kleinen Bogen
am Feld entlang. Am Ende sind es 15,7 Kilometer. Schöner kann ein Wochenende
kaum beginnen!
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