Samstag, 25. Juni 2011

25.06.11

Gestern Abend gab es einige Gewitter, und als ich aus dem Fenster schaue, sieht es stabil draußen aus. Ich war mir nicht sicher, ob ich heute laufe, weil ich erst einmal ruhebedürftig bin, aber nun möchte ich doch hinaus und zumindest eine kleinere Strecke joggen.

Ich laufe 6.19 Uhr los, wende mich Richtung Leipziger Straße, weiter hinter dem Abzweig Industriestraße halbrechts und dann zum Baumwiesenweg. Weiter geht es an der Neuländer Straße Richtung Boxdorfer Berg. Besonders in Form fühle ich mich nicht, aber der leichte Anstieg ist kein Problem. Bis Boxdorf sollte ich wohl kommen. Ich nehme die bekannte Strecke an der Moritzburger Straße entlang. Den Boxdorfer Berg hinauf schaffe ich ganz gut. Hügeltraining ist etwas wert, vor allem, da ich derzeit keine Tempoläufe mache. Ich bin ganz froh, als die Strecke wieder eben wird. Das ist geradezu erholsam, und man kann durchatmen. Weiter geht es an der Schulstraße und Waldteichstraße entlang. Diese führt, wie der Name schon sagt, zu den Waldteichen bei Volkersdorf. Hier oben komme ich in Schwung und möchte nun nach Moritzburg laufen – das reizt mich schon lange. Ab und an schaut die Sonne aus den Wolken. Es ist ein ruhiger, schöner Morgen, und nach den vergangenen, hektischen Tagen bin ich entspannt und friedlich. Ich laufe auf der Landstraße, aber nur wenige Autos sind unterwegs. Diese morgendliche Stille mag ich immer sehr. Am Horizont kann man bis in die Lausitz sehen; der Keulenberg ist gut zu erkennen. Die Felder und Wiesen, die fast völlig vertrocknet waren, werden wieder grün. Die Natur brauchte den Regen und lebt nun wieder auf. Da ich eine Urlaubswoche vor mir habe, geht es mir ähnlich. Am Feldrand blühen Mohn- und Kornblumen. Neben den Ähren sehen sie sehr schön aus, aber in der Vase würden sie schnell eingehen.

Heute habe ich keinen richtigen Plan, wie ich weiterlaufen will, aber gerade das gefällt mir: ich entscheide das spontan. Kurz vor Volkersdorf mag ich nicht mehr auf der Landstraße laufen und biege nach links in einen Waldweg ein. Früh am Morgen scheue ich diese Strecke ein bisschen, aber heute denke ich mir, dass sie nun genau das Richtige ist. Man kann diesen Waldweg nicht gut einsehen, und wenn da plötzlich ein Hund kommt, könnte das unangenehm sein. Zumindest habe ich keine parkenden Autos gesehen. Das Laufen durch den Wald ist wunderschön. Links von mir erstreckt sich der Georgenteich. Zwei Graugänse, die sich auf dem Weg niedergelassen haben, flüchten ins Wasser. Weiter geht es Richtung Moritzburg. Ich fühle mich befreit von Druck und Erwartungshaltungen; das Laufen ist Genuss und Erlebnis. Bald verlasse ich den Wald und treffe auf die Alte Dresdner Straße, die in die Bahnhofstraße übergeht. Am Bahnhof könnte ich schauen, wann die Kleinbahn nach Radebeul fährt – das wäre eine Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Aber ich möchte gern noch bis zum Schloss laufen. Das ist noch ein Stückchen durch den Ort. Langsam lassen die Kräfte nach. Als ich am Schlossteich ankomme, fliegt vor mir ein großer Graureiher auf, und über dem Teich kann ich einen zweiten beobachten. Dieses Erlebnis und der Anblick des schönen Gewässers machen mich sehr froh. Ich laufe weiter und bin bald auf der Straße Richtung Auer. Hier habe ich, als ich mit dem Rad unterwegs war, einen Weg nach Radebeul gesucht und ihn schließlich auch gefunden. In diese Richtung möchte ich mich nun wenden. Als ich auf der Meißner Straße bergan laufe, meldet sich ein Stimmchen und fragt, was ich hier bloß mache: das ist eine Fahrrad- und keine Laufstrecke! Ich lasse die Stimme sein: ich habe Urlaub und Zeit, kann jederzeit aufhören und zur nächsten Haltestelle oder nach Hause gehen. Den nächstbesten, links abzweigenden Waldweg möchte ich nehmen, aber der nächste ist nur ein verunkrauteter Pfad, also weiter. Nach einem kurzen Anstieg zweigt wirklich ein gut befestigter Schotterweg ab – den muss ich mir merken. Es geht ein Stückchen durch den Wald und dann wieder Richtung Moritzburg an Wiesen entlang. Den nächsten Abzweig nach rechts nehme ich. Er führt mich an einer Pferdekoppel vorbei. Ich laufe nun ein Stückchen parallel zum Ort. Als ich wieder an den Häusern ankomme, gibt es einen Abzweig nach rechts, vom Ort weg. Ich laufe da entlang. Irgendwo muss es doch nach Friedewald gehen! Nach ein paar Metern brauche ich eine kurze Trinkpause. Ich will mir mein Fläschchen aber einteilen und nehme etwas weniger als die Hälfte. Eine Frau mit einem großen Hund kommt mir entgegen, und ich kann nicht ausweichen. Das ist mir unangenehm, aber sie hat den Hund im Griff. Weiter geht es geradeaus und immer leicht bergan. Nach einer Weile wird mir klar, dass ich wieder Richtung Auer und Weinböhla unterwegs bin – die Straße kann, dem Lärm nach zu urteilen, nicht mehr weit sein. Ich bin ein bisschen ratlos. Da sehe ich weiter vorn, links von mir, einen Reiter. Dort, wo der unterwegs ist, müsste ich auch laufen können! Tatsächlich zweigt ein Wiesenweg ab. Die Richtung sieht gut aus. Ich laufe noch ein Stück über die Wiesen, bis ich den Dippelsdorfer Teich vor mir sehe. Dies ist nicht der Radweg, den ich im Winter gefahren bin, aber dennoch bewege ich mich Richtung Friedewald. Der Weg wird zum Pfad und führt mich ein Stück um den Teich herum. Allmählich frage ich mich, wie lange ich noch so weiter kann. Da sehe ich die Gleise der Lößnitzgrundbahn. Das ist immerhin ein Orientierungszeichen! Ich folge den Gleisen ein Stück. Der Weg hört auf, und vor mir liegt der Bahndamm, der über den Teich führt. Das ist der kürzeste Weg in die richtige Richtung, also geht es neben den Gleisen weiter. Diese Strecke mag ich sehr, bin sie auch schon mit der Kleinbahn gefahren. Bisher dachte ich, dies seien zwei Teiche. Nun sehe ich, dass es da einen Durchfluss gibt. Darüber verlaufen die Schienen auf zwei Stahlträgern. Kein Weg, sondern Schienen, Träger und Schwellen, die ein Stück über die Gleise ragen. Ich habe fast keine andere Wahl, aber von Schwelle zu Schwelle springen mag ich nicht – ich bin schon müde und möchte nicht im Wasser landen. Also bücke ich mich, halte mich an der Schiene wie an einem Geländer und arbeite mich so von Schwelle zu Schwelle. Zum Glück ist der Durchfluss recht schmal. Bald kann ich wieder normal weiter laufen und schaue dabei kurz über den See. Wirklich idyllisch! Man hört die Kleinbahn lange, bevor sie näher kommt, und derzeit ist gar nichts zu hören. Aber es gibt noch einen zweiten Durchfluss, und wieder muss ich mich bücken und an der Schiene festhalten. Mir fällt der Witz von zwei Irren auf dem Bahngleis ein, bei dem einer über die vielen Treppen, der andere über das niedrige Geländer klagt. Witze können einen wirklich auf brauchbare Ideen bringen! Da ist das andere Ufer, und ich kann wieder neben dem Bahndamm auf der Wiese laufen. Das war ein kleines Abenteuer, und ich habe Bimmelbahn-Ruß an den Händen. An diesen Lauf werde ich mich bestimmt oft erinnern!

Ist das hier schon Friedewald? Vorn kommt ein kleiner Bahnhof, und ich weiß noch, dass ich rechts herum durch den Ort muss. An einer Bushaltestelle lese ich, dass ich in Dippelsdorf bin. Bald sehe ich einen Wegweiser Richtung Radebeul, und da kommt auch das Radweg-Zeichen. Ob ich es noch bis Friedewald schaffe? Nun will ich nach Hause, und da ich beim Joggen schneller bin als beim Gehen, will ich das tun, soweit es geht. Der Verlauf des Radwegs ist mir bekannt. Es geht ein Stück über Wiesen, unter einer Schnellstraße hindurch und noch ein Stückchen bergan. Da sind die ersten Häuser zu sehen. Bis dorthin laufe ich, und da ist Schluss. Ich gehe weiter auf dem Radweg durch den Ort. Die Sehnen am linken Fuß zicken ein bisschen. Ich bleibe immer mal stehen und mache Gymnastik, das ist ganz hilfreich. Der Weg führt mich in den Lößnitzgrund hinein. Die Bahn Richtung Moritzburg habe ich gehört und irgendwann könnte der Zug in die Gegenrichtung kommen. Ich möchte aber bis Radebeul gehen, denn eine ausgiebige Cool-down-Phase ist nach dieser Strecke wohl angemessen. Es geht ganz gut weiter, und bald kann ich sogar ins Walking-Tempo übergehen. Ich bin zwei Stunden und 28 Minuten gejoggt. Die Strecke kann ich nicht exakt nachmessen; es waren um die 19 Kilometer. Auf dem Rückweg durch den Lößnitzgrund ist der Rest aus dem Trinkfläschchen wahrlich ein Genuss. Da fährt auch die Kleinbahn an mir vorbei. Das waren reichlich drei Stunden Morgensport, nach denen ich mich auf mein Frühstück freue. Maximal 12-13 Kilometer habe ich heute für möglich gehalten, und nun bin ich meinem Ziel Halbmarathon schon recht nahe gekommen.

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