Samstag, 11. Dezember 2010

11.12.10

Ich habe mich auf eine Runde an der frischen Luft gefreut, aber bei Regen auf Schnee sind Fußwege und Nebenstraßen zu Eisbahnen geworden. Auch mit meinen Superschuhen ist das Schieben des Fahrrades ein Balanceakt und mir wird klar, dass es nichts wird mit einem Lauf ihm Freien. Die einzige Alternative ist das Laufband, umso ungeliebter, da das Fitnessstudio in der Firma ist: wahrlich keine gute Richtung für jemanden, der Abstand zu dienstlichen Dingen gewinnen möchte und sogar muss. Mein Mann muss heute zur Schicht und mir wird klar, dass ich mit meinem Training noch gut dran bin; also mache ich mich auf den Weg.

Von der Straßenbahn aus sehe ich, dass die Elbe über die Ufer getreten ist. Grau, regnerisch und windig ist es, als ich zum Fahrradkeller hinuntergehe. Der Weg ist zum Glück gut gestreut. Neben dem Fahrradkeller befindet sich ein Umkleideraum, wo ich einen Schrank gemietet habe, und hinter dem Fahrradkeller ist das Fitnessstudio, das ebenfalls Umkleideräume hat. Seit ich den Schrank in der Fahrradumkleide habe, ziehe ich mich dort um. Es ist praktisch, Sportkleidung und andere Dinge wie die Yogamatte dort deponieren zu können.

Ich beginne mit 15 Minuten Erwärmung auf dem Crosstrainer und gehe danach aufs Laufband. Außer mir ist niemand im Fitnessstudio, was mir durchaus recht ist. Ohne dass ich es bewusst will, tippen meine Finger 50 Minuten Zeitdauer ein und ich denke mir, warum nicht. Am Donnerstag waren es 10 Minuten Dauerlauf und gegen Ende der Zeit hatte ich schon dieses Flow-Erlebnis, das ich sonst nur von draußen kenne und das Gefühl, noch eine ganze Weile weiterlaufen zu können. Und nun will ich es auch tun und starte gleich mit dem Dauerlauf.

Diesen Flow habe ich früher immer für ein Märchen gehalten. Im Motivationsseminar vor ein paar Wochen hat die Kursleiterin uns Teilnehmer gefragt, ob wir so etwas schon erlebt haben. Da musste ich mir eingestehen, dass es mir noch nie bei der Arbeit, auch nicht beim Schreiben passiert ist, selten beim Malen, aber regelmäßig erlebe ich es nur beim Sport: bei Yoga und bei Ausdauerleistung wie Laufen oder einer längeren Radtour.

Heute beginnt die Phase, in der ich nur noch Atmung und Bewegung bin, nach etwa 15 Minuten. Auf einmal bin ich nicht mehr allein: eine Frau kommt zum Training und ich bin erst einmal aus dem Takt, muss mich gleichzeitig lockern und konzentrieren, ehe ich meinen Rhythmus wieder finde. Aber es gelingt und das ist eine wichtige Erfahrung. Die Frau macht mal dies, mal jenes, und ich laufe einfach vor mich hin. Irgendwann bin ich so darin versunken, dass ich seitlich an der Begrenzung ankomme. Draußen bin ich noch nie gegen Zäune oder Straßenlaternen gelaufen, aber drinnen beim Laufen auf der Stelle ist das kein Wunder. Dann sind 25 Minuten herum und ich fühle mich noch immer so konditioniert wie nach dem Start – eigentlich sogar besser. Mir kommt der Gedanke, dass ich die 50 Minuten durchlaufen könnte, und das beflügelt regelrecht.

30 Minuten und ich bin mir sicher, dass ich es schaffe. Auf dem Laufband habe ich so etwas bisher noch nicht probiert. 40 Minuten und die Beine werden müde, aber ich habe keinen Zweifel daran, dass ich die letzten zehn Minuten auch noch laufe. Als ich Ende August mit dem Training begonnen habe, hätte ich kaum 5 Minuten durchlaufen können und wäre danach völlig erledigt gewesen. Noch vor einiger Zeit musste ich mich gedanklich regelrecht distanzieren von denjenigen, die 20 Minuten oder länger im Dauerlauf verblieben: an solchen Verrückten, sagte ich mir immer, darf ich mich nicht messen. Und deshalb kommt mir das, was ich gerade tue, fast ein wenig unwirklich vor. 45 Minuten und es wird anstrengend – aber das ist durchaus im normalen Bereich und zu bewältigen. Als 50 Minuten um sind und das Band automatisch herunterschaltet, bin ich zwar ausgearbeitet, aber nicht aus der Puste. Na also! Das Laufband ist eine erlebnisarme und unromantische Alternative, aber immer noch besser, als nichts zu tun.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen