Sonntag, 28. November 2010

28.11.10

Mit Stress und Hektik ist es oft wie mit einem Virus: wenn in Büros aus Überlastung nur noch gestöhnt und geflucht wird, kann man sich noch so sehr um Abstand bemühen und versuchen, sich bei Laune zu halten – irgendwann ist man doch infiziert und greift zu bewährten Mitteln, damit sich alles in Grenzen hält.

Heute, am ersten Advent, habe ich eigentlich keine Zeit zum Laufen, aber gerade deswegen bin ich entschlossen, es zu tun. Zu der virusähnlichen Situation passt auch, dass ich mir den Lauf nicht wirklich zutraue, obwohl ich genau weiß, dass ich damit falsch liege.

Start 12.35 Uhr am Hoftor. Ich möchte gern Richtung Elbe laufen, denn es ist sonnig und klar und die Weite des Elbtals ist immer ein schöner Anblick. Aber es weht ein kalter Südwestwind, und den möchte ich nicht im Gesicht haben. Deshalb wende ich mich nach Nordwesten Richtung Radebeul und Junge Heide und finde, dass diese Strecke gewiss die bessere Wahl ist. Aber gewiss ist auch, dass dies nicht der Tag für großartige Steigerungen ist – ich bin irgendwie k.o., komme mir auch sehr langsam vor. Aber ich erhoffe mir doch einen Energiekick von diesem Lauf und will weiter.

Als ich in die Junge Heide hineinlaufe, sehe ich einen großen dunklen Schäferhund auf dem Weg. Der Hund sieht mich auch, läuft dann ein Stück in die Büsche hinein. Ist der allein dort? Zum Glück nicht, zwei Begleiter tauchen auf, und alle drei kommen langsam auf mich zu. Während sich die Begleiter unterhalten, konzentriert sich der Hund auf mich. Mein ungutes Gefühl bestätigt sich, er sieht angriffsbereit aus. Meinen ersten Gedanken, einen anderen Weg einzuschlagen, verwerfe ich aus Trotz. Wegen diesem doofen Köter lasse ich mir meinen Lauf nicht vermiesen, die Begleiter haben gefälligst auf ihn aufzupassen. Es sind sportlich angezogene, sympathisch aussehende Männer, und ich vertraue darauf, dass sie den Hund in Schach halten. Da merken sie auch, dass er in eine Art Lauerstellung gegangen ist, sie tadeln ihn und halten ihn fest. Ich bedanke mich beim Vorbeilaufen und bin zufrieden.

Ich laufe die gleiche Strecke wie beim letzten Mal, immer geradeaus, erkenne auch meinen Wendepunkt vom letzten Mal wieder, bin aber entschlossen, noch ein Stück zu laufen. Einige Meter weiter sticht es im rechten Fußgelenk. Es wird immer heftiger, so dass ich mich entschließe, umzudrehen. Ich hoffe, dass das Stechen aufhört, wenn ich auf der anderen Wegseite laufe und somit den Fuß anders belaste, und tatsächlich ist es so. 25 Minuten sind um – nicht gerade viel. Nun möchte ich es dem inneren Schweinehund richtig zeigen: ich wende mich nach links. Das wird also ein Erkundungslauf. Auf den Bäumen liegt schon ein wenig Pulverschnee, das ist ein hübscher Anblick. Einige Spaziergänger sind unterwegs, auch ein paar Läufer. Meine neuen Laufschuhe halten schön warm, und ich rutsche auch nicht auf dem festgefrorenen Laub. Es geht nun eine Runde über schmale Waldwege, bis ich schließlich wieder auf den Weg treffe, auf dem ich in den Wald hineingelaufen bin. Langsam werden die Beine müde, und ich kann mich heimwärts wenden. An der Leipziger Straße angekommen, denke ich kurz darüber nach, die Straßenbahn zu nehmen. Aber das ist nur die absolute Notfallvariante, wenn gar nichts mehr geht, und ich kann ja noch – und außerdem ist es viel zu kalt, um mit Laufbekleidung an der Haltestelle zu stehen. Also weiter bis nach Hause. Ich komme mir noch langsamer vor, aber als ich am Hoftor zur Uhr schaue, sehe ich, dass ich 55 Minuten gelaufen bin. Die gleiche Zeit wie beim letzten Heidelauf, aber wesentlich mehr Strecke – das heißt, ich bin in Wirklichkeit schneller geworden. Nun kann ich die Freude über den Lauf auskosten und bald auch den Kaffeetisch vorweihnachtlich decken.

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